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TITEL/INHALT

Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999

Stichtag:
1859

H. Schulze-Delitzsch gelingt es, seine örtlichen Einkaufs-, Kredit- und Vorschußgenossenschaften in einem Verband zusammenzuschließen. Diese Genossenschaften finden nur langsam Anklang bei den Arbeitern. Von den zunächst errichteten Genossenschaften gehen die meisten nach kurzer Zeit wieder ein.

In seinem im gleichen Jahr veröffentlichten Buch "Die arbeitenden Klassen und das Assoziationswesen in Deutschland" stellt H. Schulze-Delitzsch fest, "daß die bedrängte Lage der arbeitenden Klassen, als die unleugbare Folge der großartigen Fortschritte der neueren Industrie, keine zufällige, bloß vereinzelte Erscheinung ist, daß sie keiner bloß momentanen Ursache beigemessen werden kann, sondern einer stetig fortwirkenden, weil sie der Gesamtheit der Bedingungen angehört, welche die Basis des heutigen Verkehrs, der wirtschaftlichen Entwicklung unserer Lage bilden". Die von den Handwerkern vertretene Forderung, zum Alten, zur beschränkten Gewerbeverfassung zurückzukehren, bezeichnet er als unausführbar und auch als ungerecht. Nur im Großbetriebe sieht er die Zukunft und hier setzen seine in der Genossenschaftsbewegung gipfelnden Vorschläge ein. "Das kleine Kapital erreicht durch seine Vereinigung die Möglichkeit, sich an Unternehmungen zu beteiligen und Dinge durchzusetzen, an welche seine Inhaber ohne die Assoziation nicht hätten denken können." Er empfiehlt Vorschußvereine und Vereine zum gemeinschaftlichen Bezug von Rohstoffen, wie die Konsumvereine und die Produktionsgenossenschaften. All diese Genossenschaften sollen auf der Selbsthilfe der Beteiligten beruhen. Er betont ganz ausdrücklich, daß sich die Stellung der Handwerker und Arbeiter durch Gründung eines Assoziationsgeschäfts nicht dergestalt verändern kann, daß aus jedem einzelnen nunmehr ein Fabrikherr, ein großer Unternehmer werde. Es bleibe vielmehr jeder für seine Person ein Arbeiter, der aus der Fabrikkasse den gewöhnlichen Lohn erhalte, zu dem sich nur noch die Anteile der Überschüsse gesellten. Aber eine Versöhnung zwischen Arbeit und Kapital glaubt er aus dieser Doppelstellung als Unternehmer und Arbeiter herleiten zu können.


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net edition fes-library | 1999