Chronologie der deutschen Gewerkschaftsbewegung von den
Anfängen bis 1918 / Von Dieter Schuster. Mit einem Vorw. von Rüdiger
Zimmermann und Registern von Hubert Woltering. - Bonn : Bibliothek der
Friedrich-Ebert-Stiftung, 1999
In Berlin gründen Tabakarbeiter als zentrale Organisation die "Association der Cigarrenarbeiter Deutschlands". Verhältnismäßig rasch entstehen in 40 deutschen Orten Zweigvereine. Die regionale Konzentration der Zigarrenherstellung - Baden, Sachsen, Westfalen - ist günstig für die Organisation.
Stichtag:
25./29. September 1848
Den Tabakarbeitern geht es - anders als den standesbewußten Buchdruckern - um die Verbesserung ihres Ansehens. Ihre Arbeit gilt zwar als ungesund, aber leicht. Deshalb werden in ihr billige Arbeitskräfte - Frauen, Kinder und Gefängnisinsassen - beschäftigt.
Zu den wichtigsten Forderungen des Verbandes zählt deshalb das Verbot der Frauen-, Kinder- und Gefängnisarbeit.
Der Zweck der Association ist, das moralische und materielle Wohl der vereinigten Arbeiter auf dem geeignetsten Wege durch gegenseitige Unterstützung oder vielmehr mit vereinter Kraft zu erreichen und zu befördern, da nur auf diesem Wege die Übelstände, welche sich in unser Geschäft eingeschlichen haben, zu beseitigen sind.
Durch "Lehre und Unterricht" soll die "mangelhafte Bildung" der Mitglieder gehoben werden. Gegenseitige Unterstützung bei unverschuldetem Unglück und bei Krankheit wird gefordert, und mit den Fabrikanten will die Association verhandeln, um die Rechte der Arbeiter zu sichern.
Jeder Fabrikant soll nicht mehr als drei Lehrlinge beschäftigen dürfen, und auch das nur dann, wenn in seiner Fabrik fachlich einwandfreie Arbeit geleistet wird. Zur Überwachung der auf drei Jahre festzulegenden Ausbildung sollen paritätisch aus Arbeitern und Fabrikanten zusammengesetzte Kommissionen gebildet werden. Für die Akkordarbeit soll ein Mindestlohn gezahlt werden.
An der Spitze der Association steht ein vom Kongreß gewählter Präsident. Er kann an seinem Wohnsitz, der als "Centralstadt" der Association gilt, Vertrauensmänner auswählen, die das "Centralkomitee" bilden und ihn bei der Verwaltungsarbeit unterstützen sollen. Mitglieder und Zweigvereine werden verpflichtet, "die Anordnungen des Präsidenten und die vom Congreß gefaßten Beschlüsse in Ausführung zu bringen", ferner regelmäßig ihre Berichte und vor allem die Beiträge einzusenden. Ansonsten sind die Zweigvereine weitgehend unabhängig. Das Statut legt nur fest, daß die örtlichen Vorstände alle drei Monate neu gewählt werden müssen, und daß es an jedem Ort eine oder mehrere Kassen für Reise-, Kranken-, Sterbe- und Invalidenunterstützung geben solle. Wer noch keinem Zigarrenarbeiterverein angehöre, dürfe nur dann in die Association aufgenommen werden, wenn er durch glaubwürdige Zeugnisse nachweist, daß er vor dem 1. Oktober 1848 als Zigarrenmacher beschäftigt war. Kann er das nicht, muß er sich der Prüfung durch eine Sachverständigenkommission unterziehen, die herauszufinden hat, ob der Bewerber "die Fähigkeiten eines guten und praktischen Arbeiters" besitzt.