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Vorbemerkung


„In Ruanda gehen Hutu mit Macheten auf Tutsis los", „Türken und Irakis vernichten kurdische Dörfer", „Russische Bomben auf tschetschenische Städte", „Ethnische Säuberungen in Ex-Jugoslawien". Dies sind einige Schlagzeilen der letzten Monate, die zu belegen scheinen, daß ethnische Konflikte weltweit zunehmen. Aber auch innergesellschaftlich verfestigen sich ethnische Grenzziehungen: „Deutsche Frauen haben Angst vor rumänischen Flüchtlingen", „Türkischer Drogenhändler festgenommen", „Deutschland den Deutschen" etc.

Ethnizität scheint also entgegen den Prognosen der Sozialwissenschaften über die Entwicklung moderner Gesellschaften an Bedeutung für gesellschaftliche Auseinandersetzungen, Einstufungen und Abgrenzungen zu gewinnen. Konflikte zwischen einzelnen Gruppen werden häufig als Ergebnis verschiedener ethnischer oder nationaler Zugehörigkeiten definiert. Unüberbrückbare kulturelle Unterschiede werden hierfür verantwortlich gemacht, ohne daß andere Erklärungsansätze in Erwägung gezogen werden. Auch die Selbstbilder der Beteiligten werden zunehmend durch ethnische Komponenten mitgeprägt.

In den Sozialwissenschaften stehen sich zwei Richtungen zur Erklärung von ethnischen Gruppenbildungen gegenüber. Die eine Strömung behauptet, daß die Zugehörigkeit zu einer Ethnie ein quasi natürliches Phänomen sei. Ethnische Gruppenbildungen liegen demnach in der Natur des Menschen und die gemeinsame Abstammung, Geschichte und Kultur seien objektive Grundlagen für ein existentiell wichtiges Wir-Gefühl. Die „Konstruktivisten" hingegen betrachten „Ethnizität" als eine unter vielen möglichen Formen der Identitätsentwicklung und Gruppenbildung. Daß Menschen an eine gemeinsame Abstammung, Herkunft, Tradition und Geschichte „glauben", sei nicht selbstverständlich, sondern durch bestimmte historische und gesellschaftliche Bedingungen erklärbar.

Mit den Fragen, wie aus sachlich zu begründenden, unterschiedlichen Interessenslagen ethnische Konflikte entstehen können, beschäftigte sich deshalb der Gesprächskreis Arbeit und Soziales auf einer Fachkonferenz am 11. Oktober 1995 in Erfurt. Ich danke den Referentinnen und Referenten, die uns ihre Vorträge zum Abdruck zur Verfügung gestellt haben. Die

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Tagungsorganisation lag in den Händen von Maha Rindermann, die auch für die Erstellung dieser Broschüre verantwortlich war.

Unser besonderer Dank gilt der Franziska und Otto Bennemann Stiftung, die uns durch ihre finanzielle Unterstützung die Durchführung dieser Konferenz erst ermöglicht hat.

Januar 1996

Günther Schultze


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | März 2000

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