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TEILDOKUMENT:

    Welche Möglichkeiten bieten integrative Politikansätze und wie können Kooperation und Vernetzung gefördert werden?

    Michael Krautzberger
    Thesen


[Seite der Druckausg.: 129 ]



Welche Möglichkeiten bieten integrative Politikansätze und wie können Kooperation und Vernetzung gefördert werden?

Michael Krautzberger
Thesen


  1. Die Stadtsanierung der vergangenen 25 Jahre mußte sich darauf konzentrieren, städtebauliche Mißstände zu beseitigen und die strukturellen Veränderungen sozial abzusichern.

  2. Mehrere Trends haben die Rahmenbedingungen deutlich verändert:
    • Arbeitslosigkeit (Erhöhung der Zahl der Langzeitarbeitslosen, unzureichende Qualifikation und Eignung junger Erwerbstätiger)
    • Einkommenssituation (relatives Zurückbleiben der Löhne und Gehälter in produktivitätsschwachen Sektoren und Branchen, Anstieg der Zahl der Alleinerziehenden mit Kindern, wachsende Zahl von nicht in das Wirtschaftsleben integrierten Ausländern und Aussiedlern)
    • ausgeprägte Probleme unter Jugendlichen (wachsende Jugendarbeitslosigkeit, fehlende berufliche Chancen, steigende Kriminalität junger Männer im Alter von 15 bis 25 Jahren)
    • Hinweise auf Stadtteile mit besonders hohem Anteil sozialgefährdeter Gruppen.

  3. Damit ist ein neuer Typus von Sanierungsgebieten entstanden: Es sind Stadtteile mit hoher Arbeitslosigkeit, vor allem wachsender Jugendarbeitslosigkeit, steigendem Ausländeranteil, vernachlässigten öffentlichen Räumen, z.T. leerstehenden Gebäuden, Drogenproblemen, zunehmender Gewaltbereitschaft und Vandalismus. Dies führt zu einer Gefährdung der sozialen, ökonomischen und damit auch städtebaulichen Basis. In anderen westeuropäischen Ländern sind die Probleme z.T. schon länger aufgetreten oder frühzeitiger angegangen worden.

  4. Die komplexen Probleme in schwierigen Stadtquartieren sind mit den herkömmlichen Instrumenten und Verfahrensweisen nicht mehr wirkungsvoll

    [Seite der Druckausg.: 130 ]

    zu regeln. Es gibt zwar eine Vielzahl von Programmen, die jeweils für die Verbesserung in Teilbereichen von städtischen Problemzonen geeignet sind; diese Programme sind aber sowohl auf Bundesebene als auch auf Landesebene ressortbezogen etatisiert. Erforderlich wird eine Kombination von klassischen Sanierungsverfahren mit komplexen Strategien der sozialen und wirtschaftlichen Aufwertung. Es gibt Vorbilder:

    • EU-Förderprogramm URBAN
    • City-Challenge-Ansatz (als Gesamthaushalt für alle Innenstadtinitiativen)
    • nationales Programm für die städtische Integration in Frankreich.

  5. Als Reaktion auf die zunehmende soziale Polarisierung in den Städten hat die Ministerkonferenz der Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister/Senatoren der Länder (ARGEBAU) Ende 1996 eine „Gemeinschaftsinitiative soziale Stadt" beschlossen. Sie schließt an Initiativen der Europäischen Union (URBAN) an, aber auch an Erfahrungen in einigen Ländern:
    • NRW hat im Jahr 1995 erstmals mit Kabinettsbeschluß Stadtteile benannt, denen eine konzentrierte Förderung zuteil werden soll. Im Rahmen eines interministeriellen Arbeitsausschusses werden die kommunalen (integrierten) Handlungsansätze überprüft und eine koordinierte Bewilligung der Mittel angestrebt.
    • Im Land Sachsen wird eine Abstimmung im Rahmen von ressortübergreifenden Abteilungsleiterbesprechungen ersucht.
    • In Hamburg gibt es das sogenannte „Armutsbekämpfungsprogramm", die Koordinierung dieses Programms erfolgt durch eine aus verschiedenen Ämtern zusammengesetzte Steuerungsgruppe und, wichtiger noch, Konzentration der von diesen intern verwalteten budgetären Ressourcen.

    Die von der ARGEBAU vorgeschlagene Gemeinschaftsinitiative „Soziale Stadt" hat neben der inhaltlichen Ausgestaltung des Aktionsprogramms ein zentrales Anliegen, nämlich die staatlichen Finanzhilfen verschiedener Fachbereiche ressortübergreifend zu nutzen, d.h. zu koordinieren und ihren Einsatz aufeinander abzustimmen. Der Bund ist gebeten worden, diesen komplexen Erneuerungsprozeß anhand von Modellvorhaben zu unterstützen.

    [Seite der Druckausg.: 131 ]

  6. Die Koalitionsvereinbarung für die 14. Legislaturperiode greift diese Problematik auf und macht sie zu einem zentralen Punkt der städtebau-und wohnungspolitischen Konzeption der neuen Bundesregierung: Die Koalitionsvereinbarung enthält die Aussage, daß die Städtebauförderung ergänzt wird durch ein Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - die soziale Stadt".

  7. Erforderlich ist ein umfassender konzeptioneller Ansatz und ein umfassender Förderungsansatz:

    Um dieses Ziel zu erreichen, kommt es darauf an, investive und nichtinvestive Maßnahmen mit dem Schwerpunkt einer Bestandspflege in Erhaltungsgebieten „aus einer Hand" zu kombinieren und zu integrieren. Ein solches Konzept zielt beispielsweise auf die Beseitigung städtebaulicher Defizite, die Verbesserung des Wohnungsbestandes, die Erneuerung und Fortentwicklung der sozialen Infrastruktur, die Verbesserung der verkehrlichen Infrastruktur, die Schaffung von Frei- und Grünflächen und die Verbesserung der ökologischen Gesamtsituation (investive Maßnahmen) ebenso wie auf die Stärkung der Sicherheit, auf Institutionen und Organisationen der Jugendarbeit (einschließlich des damit verbundenen Personalbedarfs) und den konzentrierten Einsatz der regionalen Wirtschaftsförderung, Existenzgründungshilfen, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Strukturanpassungsmaßnahmen (nicht-investive Maßnahmen).

[Seite der Druckausg.: 132 = Leerseite ]


© Friedrich Ebert Stiftung | technical support | net edition fes-library | September 2000

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