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TEILDOKUMENT:




[Seite der Druckausg.: 1-2 = Titel]
[Seite der Druckausg.: 3-4 = Inhalt]

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Vorbemerkung


Die vorliegende Broschüre dokumentiert eine Veranstaltung, die im Rahmen des Gesprächskreises Arbeit und Soziales der Friedrich-Ebert-Stiftung zusammen mit Frau Dr. Christine Bergmann, Bürgermeisterin und Senatorin für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen, im September 1997 in Berlin stattgefunden hat.

Als Leiterin des Gesprächskreises Arbeit und Soziales der Friedrich-Ebert-Stiftung möchte ich Ihnen seine inhaltlichen Schwerpunkte kurz vorstellen:

  • Sozialpolitik, insbesondere Renten- und Gesundheitspolitik, Globalisierung und nationale Sozialpolitik,
  • demographischer Wandel und seine Auswirkungen,
  • Arbeitsmarktpolitik, Qualifizierung, Mitbestimmung,
  • Migrationspolitik/Steuerungskonzeption für die Zuwanderung, Integrationsprozesse der Zuwanderer.

Mit diesem Gesprächskreis will die Friedrich-Ebert-Stiftung ein Forum bieten, in dem aktuelle, gesellschaftspolitisch bedeutsame Fragen diskutiert werden können. 1997 haben wir 20 Veranstaltungen mit rund 2.500 Teilnehmern durchgeführt. Die Ergebnisse werden in der Regel in Broschürenform dokumentiert. 1997 sind 8 Broschüren mit einer Auflage von 40.000 Exemplaren und 6 Expertisen mit einer Auflagenhöhe von 20.000 von uns veröffentlicht worden.

Mit der vorliegenden Broschüre greifen wir ein Thema auf, das gleichermaßen sozial-, beschäftigungs- und frauenpolitisch von Bedeutung ist:

Nach mehr als 2½ Jahren seit Einführung der Pflegeversicherung wird der Versuch gemacht, Bilanz zu ziehen. Es wird der Frage nachgegangen, welche Wirkungen die Pflegeversicherung auf die Pflegekräfte und auf die Pflegeberufe hat. Dies ist zugegebenermaßen ein ambitioniertes Unterfangen. Das gilt um so mehr, als die für eine fundierte Analyse und Bewertung notwendigen statistischen Angaben und Fakten noch nicht vorliegen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß bei der Umsetzung eines so komplexen Vorhabens wie der Pflegeversicherung mit Übergangsschwierigkeiten und

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Anfangsproblemen gerechnet werden muß. Dennoch erscheint es wichtig, jetzt Fakten und Argumente zu sichten und sie einer kritischen Prüfung zu unterwerfen. Ziel ist es, gegebenenfalls auf notwendigen Änderungsbedarf hinweisen zu können.

Nach der über 20 Jahre dauernden Diskussion um die Absicherung des Pflegerisikos ist das verabschiedete „Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit" gemäß der Ansicht von Experten ein Kompromiß zwischen verschiedenen Akteuren und Zielsetzungen. Es läßt viele Fragen offen, die nun im Implementationsprozeß geregelt werden müssen. Eine der wesentlichen Änderungen, die mit dem Gesetz erreicht wurden, ist eine Öffnung des Anbietermarktes im Bereich der gesundheits- und sozialpflegerischen Versorgung. Vor allem in den Ballungsräumen gibt es einen Boom an Unternehmensgründungen von Anbietern privater ambulanter Pflegedienste. Die bis dahin konkurrenzlos agierenden gemeinnützigen Anbieter haben aufgrund dieser Entwicklungen erhebliche Anpassungsprobleme. Die Trägerlandschaft hat sich also nach Einführung der Pflegeversicherung grundlegend verändert. Die Abkehr vom Selbstkostendeckungsprinzip, Budgetierung und marktwirtschaftliche Öffnung des Pflegesektors stellen ein Novum im Sozialversicherungssystem dar. Dies läßt z.T. die Befürchtung entstehen, daß die Dienstleistungserbringung allein an wirtschaftlichen Maßstäben orientiert wird und eine qualitative Weiterentwicklung der Pflegepraxis behindert wird.

Im letzten Monat hat Bundesarbeitsminister Blüm eine positive Bilanz der Pflegeversicherung gezogen und u.a. herausgestellt, daß durch die Pflegeversicherung in einem beachtlichen Umfang Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen wurden. In jüngster Zeit haben aber auch Proteste von Altenbetreuern, Heimbewohnern und deren Angehörigen gegen „Billigbetreuung" ein Medienecho gefunden. Trotz eines Überschusses in den Pflegekassen fürchten die Einrichtungen und die Bewohner, daß Pflegestandards reduziert und Personal abgebaut wird. Das Bild der Pflege und der Pflegeberufe in den Medien und in der Öffentlichkeit ist also keinesfalls ungetrübt und eindeutig. Selbst die Frage nach den Beschäftigungsperspektiven im Berufsfeld „Pflege" scheint schwierig zu beantworten zu sein. Ein Blick in die Fachliteratur führt hier zu einem ernüchternden Befund: Nach einer überwiegend kritischen Beurteilung der Berufsausbildung hat ein Viertel eines Ausbildungsjahrgangs bereits nach einem Jahr dem erlernten Beruf den

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Rücken gekehrt. Zu diesem Ergebnis kommt eine Längsschnittstudie des Bundesinstituts für Berufsbildung von Barbara Meifort und Wolfgang Becker zur Berufseinmündung und zum Berufsverbleib von Altenpflegerinnen und Altenpflegern. Das stimmt nachdenklich und wirft die Frage auf, wie dem begegnet werden kann. Denn es steht außer Frage, daß dies nicht in erster Linie Folge einer falschen Berufswahl, sondern Folge einer unbefriedigenden, vielleicht sogar unerträglichen Berufspraxis und Arbeitssituation ist.

Nach dem Einführungsreferat von Staatssekretärin Helga Korthaase lag der erste Schwerpunkt der Veranstaltung darin, zu prüfen, wie sich der Bereich der sozialen Dienstleistungen und insbesondere der Bereich der Pflege entwickeln. Der Beitrag von Gerald Wagner lotete aus, welche Wirkungen die Wirtschafts- und Sozialpolitik auf die Nachfrage nach sozialen Dienstleistungen hat. In dem Beitrag von Reinhard Hauschild vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung in Bonn ging es darum, ein erstes Resümee der politischen Ziele und der Beschäftigungswirkungen der Pflegeversicherung zu ziehen.

Danach stellte PD Dr. Margarete Landenberger die Frage, wie sich Handlungsspielräume von Altenheimen und ambulanten Pflegediensten durch die Pflegeversicherung verändert haben. Barbara Meifort hat sich den Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte und den Pflegeberufen zugewendet. Abschließend hat ein Round-Table-Gespräch zu den Perspektiven für die Pflege und die Pflegeberufe stattgefunden, an dem Verbandsvertreter, Vertreter der Pflegekassen, Vertreter der Pflegeeinrichtungen sowie der Länderebene teilgenommen haben.

An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei den Referentinnen und Referenten, den Moderatorinnen sowie den Gästen des Abschlußgesprächs für ihre Mitwirkung an der Tagung bedanken. Weiterhin möchte ich meiner Kollegin Ruth Brandherm für die Erstellung der Tagungskonzeption sowie der Tagungsleitung danken. Maha Rindermann hatte die Organisation der Tagung übernommen und die Herausgabe der Broschüre betreut, auch ihr sei hiermit Dank gesagt.

Bonn, Dezember 1997

Ursula Mehrländer




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