Rezensionen aus dem Archiv für Sozialgeschichte online
Lutz Hachmeister (Hrsg.), Grundlagen der Medienpolitik. Ein Handbuch, Redaktion: Kai Burkhardt, Claudia K. Huber, Gisela Schmalz, Julia von Dobeneck, Stephan Weichert, DVA, München 2008, 448 S., kart., 29,95 €.
Dieses ,,Handbuch", das als Lizenzausgabe auch bei der Bundeszentrale für Politische Bildung herauskam, fasst fachlich weithin anerkanntes Wissen mit Akzentsetzung auf aktuelle Information zusammen. Weniger geht es um fachwissenschaftliche Perspektiven der politischen Kommunikationsforschung, in deren Bereich der Band überwiegend anzusiedeln ist, auch nicht um ein Nachschlagewerk über Datenreihen. Jedoch werden historische Dimensionen der Themen relativ umfänglich geklärt, und zwar nicht, wie noch bei Gerd K. Kopper ,,Medien und Kommunikationspolitik der Bundesrepublik Deutschland", in chronologischer Anordnung, sondern systematisiert in 79 komprimierten Essays. Der Fokus des Bandes liegt auf ,,Medienpolitik" als staatliche Regulierung der Medienunternehmen, als Präsenz von Politik in Medien und als Strategien der Medienunternehmen. Unbestimmter ist das zweite Ziel, auch über ,,Grundlagen" von Medienpolitik zu berichten, denn man fragt sich, wie weit oder eng die Grundlagen hier gefasst werden können. Zu diesem Aspekt der ,,Grundlagen" sind Lemmata wie ,,Demokratie", ,,Intellektuelle", ,,Regulierung" oder ,,Terrorismus" zu rechnen, man könnte auch von ,,Kontexten" der Medienpolitik, vornehmlich in den Feldern Politischer Kultur und Systeme sprechen. Überwiegend geht es um empirische Felder wie ,,Affären", ,,Europäische Medienpolitik", ,,Medienrecht", ,,Propaganda", ,,Sport" oder ,,Werbung". Ferner werden Forschungsansätze vorgestellt (,,Kommunikationswissenschaft", überschneidend mit ,,Publizistik"), dazu gehören auch Hinweise zur Geschichte der Meinungs- und Sozialforschung und der von Lutz Hachmeister abgefasste Grundsatzartikel ,,Kommunikation". Recht auffällig ist die Fülle der personengeschichtlichen Beiträge; das Spektrum reicht hier von Berlusconi über Goebbels bis Zola. Sie sind manchmal zu narrativ geraten, spielen insgesamt aber ihren systematischen Part. Schließlich wurden auch Länderartikel aufgenommen, der zu Deutschland wird dem Leser naturgemäß weniger Neues bieten können als der zu China. Außerdem schienen Frankreich, Großbritannien, Japan, Russland und die USA einer eigenen Thematisierung wert. Im Hinblick auf Frankreich wird beispielsweise auf die Grundzüge des Mediensystems, die Medienlandschaft, die Grundzüge der Medienpolitik angesichts des ,,typisch französischen Zentralismus" und auf wichtige Medienunternehmen eingegangen - also das Minimum an Basiswissen rekapituliert, über das jeder verfügen sollte. Überhaupt wird wirtschaftlichen Aspekten starke Aufmerksamkeit geschenkt, d.h. ökonomischer Medienmacht, Medienkonzernen (etwa Bertelsmann und Time Warner) und Medienmogulen wie Bill Gates, dessen Leistung eher auf organisatorischem Gebiet als in seiner Erfindungsgabe gesehen wird, was relativ detailliert begründet werden kann.
Zu den zahlreichen Autoren zählen teils namhafte Fachwissenschaftler, teils handelt es sich um profilierte Mitarbeiter politischer Institutionen und vor allem um Journalistinnen und Journalisten, auch jüngeren Alters. So gehören zu den Vorzügen dieses durchweg verständlich abgefassten Werkes seine Realitätsnähe und die gute Balance von thematischer Vielseitigkeit und überwiegend tatsachenorientierter Darstellungsweise, von aktuellen Themen und klassischen Stichwörtern der Kommunikationsgeschichte. Die Literaturhinweise sind auf ein Minimum beschränkt, doch meist gut ausgewählt und in aller Regel bis auf den neuesten Stand geführt. Das über eine ´deutsche´ Perspektivierung deutlich hinaus weisende, immer wieder Globalisierungsprozesse ansprechende Werk wendet sich sowohl an Studierende der Kommunikations-, Geschichts- und Politikwissenschaft wie an Journalisten. Die Leser finden bündig informierende Artikel, die gleichwohl die kritische Sicht jeweiliger Autoren nicht verleugnen.
Clemens Zimmermann, Saarbrücken