ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Rezensionen aus dem Archiv für Sozialgeschichte online

Jessica C. E. Gienow-Hecht, Transmission Impossible. American Journalism as Cultural Diplomacy in Postwar Germany 1945-1955, Louisiana State University Press, Baton Rouge 2001, 230 S., Ln., $ 47,50.

Wie der Untertitel andeutet, versteht sich die Studie als Beitrag zur Kulturvermittlung amerikanischer Werte in Deutschland nach Ende der NS-Herrschaft, der ältere Interpretationen zur Umerziehungspolitik der US-Besatzungsmacht, kulturimperialistische Ansätze oder Strategien des amerikanischen Roll Back zumindest für die Anfangsjahre überwinden will. Untersuchungsgegenstand ist die in München im Auftrag von OMGUS publizierte Neue Zeitung, die zwar bis 1955 erschien, deren Wirksamkeit von der Autorin aber vor allem in den Jahren bis 1949 betrachtet wird. Ihre Recherchen datieren aus den frühen 1990er Jahren, so dass Einiges über die seit längerem mehrfach analysierte Zeitung und ihre Schlüsselfiguren - vor allem die Chefredakteure aus dem Kreis ehemaliger Emigranten in amerikanischen Diensten, Hans Habe, Stefan Heym, Hans Wallenberg, sowie der jungen deutschen Nachwuchsjournalisten, die wie etwa Egon Bahr, Peter Boenisch oder Hildegard Hamm-Brücher dort die Prinzipien der demokratischen Presse erlernten – nicht mehr ganz neu ist. Dennoch ist die Lektüre des Bandes ein Gewinn. Locker geschrieben gibt er einen knappen, aber präzisen Überblick über die Prinzipien des Presse-Aufbaus der amerikanischen Besatzungsmacht, die vermittelten Botschaften der NZ und ihre Wirkung in der deutschen Öffentlichkeit. Grundlage des lange nachwirkenden publizistischen Erfolges der Zeitung war das Engagement der ehemaligen deutschen Emigranten, die als Mediatoren westliche Werte durch die Brille der deutschen Kultur und mit Rückgriffen auf die Modernisierungsdiskussion der 20er Jahre vermittelten. Weitgehend autonom von Besatzungsdirektiven, ja häufig im Gegensatz zu ihnen habe das die Glaubwürdigkeit der Zeitung bei den Deutschen begründet.

Eindrucksvoll werden die Interaktionsfelder und -konflikte zwischen den Emigranten einerseits und den Kontrolloffizieren sowie den deutschen Mitarbeitern andererseits beschrieben. Alles andere als geräuschlos verliefen für die Autorin darüber hinaus die generationenspezifischen Auseinandersetzungen unter den Emigranten des Redaktionsstabes selbst, wobei die jüngeren, die bereits vollständig akkulturierte Amerikaner waren, auch ganz andere Umgangsformen zu ihren gleichaltrigen deutschen Kollegen pflegten. Diese Phase produktiver Konflikte und origineller publizistischer Aufklärung war jedoch nur von kurzer Dauer. Mit Beginn des Kalten Krieges und der McCarthy-Ära in den USA verloren sich die Gestaltungsspielräume der Emigranten, als sich die NZ mehr und mehr von einem Informationsmedium zu einem Sprachrohr und Propaganda-Instrument der Besatzungsmacht für ihre "Operation Talk Back" wandelte. Personell gehörte dazu das seltsame Ergebnis, dass die Emigranten zum Teil rüde vor die Tür gesetzt wurden, während einige deutsche Redakteure aus dem ehemaligen NS-Propagandaapparat bruchlos unter neuen Vorzeichen ihre antikommunistische Multiplikatorentätigkeit fortsetzen konnten.

Claus-Dieter Krohn, Hamburg





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