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3./XXVIII. ORDENTLICHER OGB-L-KONGRESS

AKTIONSPROGRAMM

"EIN SOLIDARISCHES GESELLSCHAFTS-MODELL FÜR LUXEMBURG"


 
EIN SOLIDARISCHES GESELLSCHAFTSMODELL FÜR LUXEMBURG

Ziel des OGB-L bleibt es, soziale Ungerechtigkeiten abzubauen und neue zu verhindern. Dabei setzt der OGB-L auf ein solidarisches Gesellschaftsmodell, das alle Schichten der Bevölkerung mit einbezieht, als Voraussetzung für eine Lösung der bestehenden und zukünftigen Gesellschaftsprobleme, wie z.B. Arbeitslosigkeit, soziale Ausgrenzung, Armut, Ausländerfeindlichkeit, Gewaltbereitschaft oder Umweltzerstörung.    

Die wirtschaftliche Belebung die in der Europäischen Union zu verzeichnen ist muß vorrangig genutzt werden, um die vorgenannten Probleme zu lösen. Wirtschaftlicher Aufschwung allein wird nicht genügen um die Arbeitslosigkeit in Europa zu bekämpfen. Wirtschaftswachstum muß an Umweltkriterien orientiert werden. Die wirtschaftliche Entwicklung kann nicht allein den blinden Kräften des Marktes gehorchen. Eine soziale, demokratische und ökologische Wirtschaftspolitik ist mehr denn je erfordert. Qualitative und strukturelle Reformen in vielen Bereichen, Ausbau und Erneuerung der Demokratie durch mehr Mitbestimmung müssen die Politik in Europa und in Luxemburg in den nächsten Jahren bestimmen, wenn wir die unheilvolle soziale und politische Entwicklung in vielen Ländern der Europäischen Union ändern wollen.    

In diesem Programm will der OGB-L aufzeichnen, welche Themen unter diesem Gesichtspunkt in den nächsten Jahren vorrangig behandelt werden müssen.    

Solidarität ist dabei ein Ziel aber auch ein Mittel um unsere Ziele zu erreichen.    

So ist Solidarität unerläßlich, um die Sozialversicherung generationsübergreifend zu erhalten und gerechter zu gestalten, um das gesamte Sozialnetz zu konsolidieren, die sozialen Errungenschaften abzusichern, weiter auszubauen und die notwendigen Gesellschafts- und Sozialreformen auch weiterhin zu gewährleisten sowie um die Arbeitslosigkeit wirksam zu bekämpfen und die Vollbeschäftigung wiederherzustellen.    

Der OGB-L tritt seit jeher für ein gleichberechtigtes Zusammenleben zwischen Luxemburgern und Nicht-Luxemburgern, im Sinne einer multikulturellen, toleranten und verantwortungsbewußten Gesellschaft. Er wird auch weiterhin jede Form von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit bekämpfen und fordert statt dessen eine verstärkte Integration und mehr Mitspracherecht für die ausländischen Mitbürger. In diesem Sinne gilt es auch, unsere antirassistische Gesetzgebung zu verstärken und die bestehenden Gesetze, Reglemente und Verwaltungsbestimmungen auf eventuelle diskriminatorische Bestimmungen zu durchforsten.    

Das Wahlrecht für unsere ausländischen MitbürgerInnen bei den Berufskammern, das 1993 endlich durchgesetzt werden konnte, ist ein wichtiger Schritt zu einer besseren Integration der ausländischen Arbeitnehmer in Luxemburg.    

Dieser Prozeß muß nun durch die Ausdehnung dieser Bestimmungen auf die Berufskammer des öffentlichen Dienstes und auf die Arbeitgeberkammern vervollständigt werden.    

Im Rahmen unserer Bestrebungen der Bevölkerungsgruppe des 3. Alters ein aktives Mitbestimmungsrecht einzuräumen wird der OGB-L sich dafür einsetzen, daß den Rentnern und Rentnerinnen das aktive und passive Wahlrecht in der Arbeiterkammer und in der Privatbeamtenkammer gewährt wird, wie es übrigens in der Kammer der Beamten und Angestellten des öffentlichen Dienstes der Fall ist.    

Der OGB-L begrüßt die Einführung des Wahlrechts für BürgerInnen der Europäischen Union bei den Wahlen zum Europaparlament und fordert das Parlament auf, das im Maastrichter Vertrag festgelegte Wahlrecht für EU-Bürger bei den Gemeindewahlen in unserer Verfassung und im Wahlgesetz zu verankern. Des weiteren fordert er die Regierung auf, allen Nicht-Luxemburgern, ohne Unterschiede, nach einer bestimmten Residenzperiode sowohl das aktive wie auch das passive Wahlrecht zu gewähren.    

Der OGB-L wird allein und im Rahmen der "Action contre le racisme" die von Populisten und Nationalisten geschürte Ausländerfeindlichkeit bekämpfen. Er fordert die Regierung auf, die ausländischen und luxemburgischen BürgerInnen unter Einbeziehung der bestehenden Ausländerkommissionen genauestens über das wirkliche Ausmaß des Ausländerwahlrechtes und die Rechte insgesamt zu informieren.    

Im Sinne eines solidarischen und demokratischen Gesellschaftsmodells wird der OGB-L sich auch weiterhin im Zusammenhang mit seinem Frauenförderplan für die Gleichberechtigung der Frauen einsetzen. Der OGB-L wird sich sowohl in seinen nationalen wie auch in seinen betrieblichen Aktivitäten von diesen Zielen leiten lassen. Um die Gleichberechtigung der Frauen zu fördern, verlangt der OGB-L die Schaffung eines eigenständigen Frauenministeriums und von Frauenberatungsstellen in den Gemeinden.    

Angesichts der großen Herausforderungen, die sich der Gewerkschaftsbewegung stellen und der steigenden Anforderungen, die an die Gewerkschaften gerichtet werden ist der OGB-L mehr denn je davon überzeugt, daß die Schaffung eines einzigen, umfassenden, demokratisch funktionierenden, den internen Pluralismus respektierenden und politisch unabhängigen Gewerkschaftsbundes sinnvoll wäre. Dies um so mehr als auf europäischer Ebene die Entwicklung des europäischen Gewerkschaftsbundes in diese Richtung geht. Der OGB-L wird dieses Ziel auch weiterhin verfolgen und bleibt entsprechend offen für eine konstruktive Zusammenarbeit mit den anderen Gewerkschaften.    

Der OGB-L unterhält auch weiterhin besonders enge Beziehungen zu den anderen CGT-Gewerkschaften. Damit die CGT ihre Rolle im Europäischen Gewerkschaftsbund besser erfüllen kann, muß sie erneuert und strukturell verstärkt und ausgebaut werden.    

Gemäß den Grundsätzen der internationalen Gewerkschaftsbewegung, die im Internationalen Bund der freien Gewerkschaften (IBFG) zusammengeschlossen ist, wird der OGB-L sich auch weiterhin an Solidaritätsaktionen des IBFG beteiligen, eigene Hilfsaktionen durchführen, Bildungsprogramme durchführen und sich für die Verteidigung der Menschenrechte und der Gewerkschaftsrechte einsetzen.    

Darüber hinaus und angesichts seiner gesellschaftspolitischen Zielsetzungen und Aufgaben wird der OGB-L weiterhin mit anderen demokratischen gesellschaftlichen Kräften wie dem "Mouvement Écologique", dem "Comité de Liaison des Associations des Étrangers", dem "Foyer de la Femme", dem "Centre Pastoral en Monde Ouvrier", der "Ligue Luxembourgeoise de l'Enseignement" zusammenarbeiten. 

OFFENSIV FÜR QUALITATIVE REFORMEN 

Trotz der wirtschaftlichen Rezession der letzten Jahre und den Angriffen des Patronats und neoliberaler Kräfte ist es dem OGB-L gelungen alle Angriffe auf die sozialen Errungenschaften der Arbeitnehmer sowohl auf nationaler Ebene (siehe Krankenkassenreform und Indexmechanismus) als auch auf kollektivvertraglicher Ebene abzuwehren. Im Gegenteil soziale Verbesserungen im Rentenwesen, beim Mindestlohn und Mindesteinkommen, eine kontinuierliche Tarifpolitik und qualitative Verbesserungen in den Kollektivverträgen konnten seit dem letzten Kongreß durchgesetzt werden. Der OGB-L wird sich auch weiterhin gegen jeglichen Versuch wehren Sozialabbau zu betreiben. Angesichts der wirtschaftlichen Erholung die allenthalben in Europa zu vermelden ist, gibt es auch keinen Anlaß dazu. Kurzfristiger wirtschaftlicher Aufschwung darf jedoch nicht vergessen lassen, daß auch in Luxemburg strukturelle Probleme bestehen, die durch eine offensive und qualitative Reformpolitik in allen Bereichen gelöst werden müssen. In den nachstehenden Kapiteln zeichnet der OGB-L die zentralen Reformthemen und -vorschläge aus seiner Sicht auf. 

Bildungspolitik 

Der OGB-L begrüßt den in der vergangenen Legislaturperiode begonnenen Reformprozeß, der sowohl auf der strukturellen wie auf der pädagogischen Ebene fortgesetzt und abgeschlossen werden muß.    

Dies bedingt jedoch eine Politik des permanenten und konstruktiven Dialogs mit dem Lehrpersonal und den Eltern. Der OGB-L fordert eine Institutionalisierung dieses Dialoges durch die Schaffung gewählter Personalvertretungen in den Lyzeen und den Gemeinden, sowie einem erweiterten Mitspracherecht der Vertreter des Lehrpersonals und der Eltern in den Schulkommissionen und den entsprechenden Gremien im Sekundarunterricht.    

Notwendig ist ebenfalls eine Analyse der Resultate der verschiedenen Reformen um gegebenenfalls notwendige Kurskorrekturen möglichst frühzeitig durchführen zu können.    

Reformen allein genügen jedoch nicht. Es müssen auch die nötigen Geldmittel bereitgestellt werden, um diese in die Praxis umzusetzen. Zahlreiche Infrastrukturverbesserungen müssen in unseren Schulen durchgeführt werden, so muß besonders dringend notwendiger moderner Schulraum geschaffen werden. Konkrete Investitionsmaßnahmen drängen sich schnellstens auf. Der skandalöse Mangel an ausgebildeten Lehrkräften im Vor- und Primärschulunterricht sowie im Sekundarunterricht muß während dieser Legislaturperiode endlich behoben werden.    

Unser Schulwesen muß auch an die geänderten Bedürfnisse vieler Familien angepaßt werden durch die Schaffung von Ganztagsschulen, einem Ausbau der Schulkantinen und der peri- und para-schulischen Angebote sowie der Schaffung von öffentlichen Internaten. Die bildungspolitischen Maßnahmen zur besseren Integrierung der ausländischen Kinder in unseren Schulen, die vor einigen Jahren vom Unterrichtsminister eingeleitet wurden, müssen konsequent weitergeführt werden.    

Für die wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung unseres Landes ist ein Ausbau des Hochschulwesens, der Forschung und der Erwachsenenbildung in unserem Land von großer Bedeutung.    

Ein besonderes Augenmerk muß der Berufsorientierung gewidmet werden, die praxisnah sein muß. Die verschiedenen Ansätze, Initiativen und Beratungsstellen müssen koordiniert werden.    

Die inhaltliche Reform der beruflichen Ausbildung in manchen Berufen muß weitergetrieben werden, dies gilt sowohl für die Ebene des CATP als auch des CITP.    

Die berufliche Weiterbildung muß in dieser Legislaturperiode grundlegend reformiert, verbessert und ausgebaut werden. Ein wirkliches Recht auf Weiterbildung muß geschaffen werden. Gezielte Maßnahmen müssen sowohl national als auch sektoriell oder betrieblich durchgeführt werden. Die gesellschaftlichen Investitionen, sowohl von privater Seite wie von staatlicher Seite, sind völlig ungenügend. Bei der Weiterbildung darf nicht gespart werden, denn sie wird ein wesentliches Zukunftsinstrument für Luxemburg sein. Die Mitbestimmungsrechte der Gewerkschaften auf nationaler und auf betrieblicher oder sektorieller Ebene müssen gesetzlich festgeschrieben werden. Im Rahmen der Reform der beruflichen Weiterbildung gilt es auch die Umschulungsmaßnahmen zu verbessern. Auch die Möglichkeiten zum Erlernen der luxemburgischen Sprache für ausländische Arbeitnehmer müssen verbessert werden. 

Sozialpolitik 

Im Bereich der Sozialpolitik fordert der OGB-L Vorrang für folgende Reformen:    

Renten 

Im Rentenwesen verlangt der OGB-L die Verwirklichung von weiteren strukturellen Verbesserungen nebst Ajustement im beitragspflichtigen Rentensystem in Richtung eines einheitlichen Rentensystems mit gleichen Rechten und Pflichten für alle Versicherten. Der OGB-L verwehrt sich gegen jegliche Panikmacherei wie die Rentenfinanzierung wäre nicht abgesichert. Er wird sich dafür einsetzen, daß in Zukunft die Renten jährlich an die Lohnentwicklung angepaßt werden.    

Des weiteren ist er bestrebt, alle noch bestehenden Leistungslücken und Ungerechtigkeiten im Rentensystem abzubauen, so z.B. durch die Einbeziehung aller Arbeitsstunden für die Rentenversicherung. In bezug auf die Invalidenrenten gilt es, die zwischenstaatlichen und europäischen Bestimmungen zu harmonisieren.    

   

Krankenversicherung 

Im Bereich der Krankenversicherung wird der OGB-L sich weiterhin dafür einsetzen, daß der Staat an der Finanzierung und Verwaltung beteiligt bleibt. Er wird sich allen Privatisierungsbestrebungen und Leistungsverschlechterungen widersetzen. Die Kostenentwicklung, soweit sie unverhältnismäßig ist, muß durch die im Gesetz und in den Statuten vorgesehenen Mittel kontrolliert werden. Vorrangig fordert der OGB-L , daß der Staat seine Verpflichtung die Schulden, die aus der Zeit vor der Reform stammen, zu übernehmen einlöst. Durch die Fusion der Krankenkassen könnte unsere Krankenversicherung kostengünstiger funktionieren. Die Fusion der Krankenkassen wäre zudem eine logische Folge der Risikogemeinschaft und der Stärkung der Befugnisse der Union des Caisses de Maladie, die gesetzlich festgeschrieben wurden. Der OGB-L wird sich deshalb wie bisher für die Fusion der Krankenkassen einsetzen.    

Außerdem fordert der OGB-L die Verallgemeinerung des "Tiers payant" und im Krankheitsfall auch für die ArbeiterInnen die Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber wie dies der Fall bei den Privatbeamt(inn)en ist.    

    

Familienpolitik 

In den letzten Jahren ist es dem OGB-L gelungen in vielen Betrieben ein Recht auf Sozialurlaub kollektivvertraglich festzuschreiben. Diese Resultate der gewerkschaftlichen Vertragspolitik müssen bei der in Aussicht gestellten gesetzlichen Einführung eines Sozialurlaubs berücksichtigt werden.    

Der OGB-L verlangt, daß im Privatsektor für Frauen und Männer, die nach dem Mutterschaftsurlaub unbezahlten Urlaub nehmen wollen um sich der Erziehung ihres Kindes zu widmen, vergleichbare Regelungen eingeführt werden, wie sie im öffentlichen Dienst bestehen.    

Der OGB-L erneuert seine Forderung, die Mutterschaftszulage auch an berufstätige Frauen auszuzahlen.    

In bezug auf das Kindergeld tritt der OGB-L dafür ein, daß dieses erhöht wird und daß die gleiche Summe für jedes Kind ausgezahlt wird, daß jedoch im Sinne des Prinzips der sozialen Gerechtigkeit das aufgewertete Kindergeld zusammen mit den übrigen Einkommensteilen versteuert wird.    

Das Angebot an bedarfsgerechten Kindertagesstätten muß kurzfristig verbessert werden und es muß eine mittelfristige Bedarfs- und Finanzierungsplanung in diesem Bereich erfolgen.    

    

Pflegeproblematik 

Der OGB-L begrüßt, daß in Luxemburg die Kosten der Pflegefälle im Rahmen der bestmöglichen Solidargemeinschaft d.h. des Staatshaushaltes übernommen werden.    

Er wird sich gegen alle Bestrebungen zur Wehr setzen, diese Solidargemeinschaft zu Lasten der Versicherten und besonders zum Nachteil der weniger Verdienenden aufzulösen.    

Er ist der Auffassung, daß die Priorität in der Verhütung des Pflegerisikos bestehen muß und daß parallel genügend Raum und Personalkapazitäten geschaffen werden müssen, um die Wartezeiten auf ein Pflegebett abzuschaffen.    

Des weiteren ist er der Meinung, daß alle Bemühungen im vorbeugenden Bereich unternommen werden müssen, um das Pflegerisiko auf ein Minimum zu beschränken:   
-durch Rehabilitationsmaßnahmen anschließend an schwere Gesundheitsschäden,   
-durch Aufklärungsmaßnahmen betreffend die Ernährung und die Gesundheitshygiene.    

Es muß alles unternommen werden, um den älteren Menschen zu erlauben, in ihrer gewohnten Umgebung weiterleben zu können:   
-durch Ausweitung der Heimpflege und Heimhelferdienste auf alle Gemeinden,   
-durch die Schaffung eines einheitlichen Notrufsystems für ältere Personen,   
-durch Erhöhung der Pflegezulage für diejenigen, die eine pflegebedürftige Person betreuen,   
-durch die Finanzierung der Pensionsbeiträge dieser Personen durch die Allgemeinheit, falls diese eine bezahlte Aktivität zu Gunsten einer pflegebedürftigen Person aufgeben.    

Der OGB-L fordert, daß die notwendigen Mittel von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt werden, um in kürzester Zeit das Pflegebettendefizit zu beheben. Sollten die aktuellen öffentlichen Mittel nicht ausreichen, müßten sie über den Weg einer Solidaritätssteuer zur Verfügung gestellt werden.    

Gleichzeitig müssen alle nötigen Schritte unternommen werden, daß das zur Pflege notwendige, qualifizierte Personal zur Verfügung steht.    

Zur finanziellen Absicherung des Pflegefalls fordert der OGB-L:   
-daß der Ehepartner eines Pflegebedürftigen während dessen Aufenthalt in einem Pflegeheim die Hinterbliebenenrente als Lebensunterhalt garantiert bekommt,   
-daß die effektiven Kosten beim Aufenthalt im Pflegeheim angerechnet werden,   
-daß die Insassen der Pflegeheime die Garantie auf ein angemessenes Taschengeld erhalten,   
-daß, nachdem die zivilrechtlich festgelegte Solidarität in der Familie gespielt hat, die Öffentlichkeit den Fehlbetrag der Kosten übernimmt.    

    

Garantiertes Mindesteinkommen 

Gerade in einer Zeit wo in der Europäischen Union immer mehr Menschen wegen des Fehlens von genügend Arbeitsplätzen von sozialer Ausgrenzung bedroht sind, ist ein garantiertes Mindesteinkommen ein wichtiges Instrument um zu verhindern, daß ganze Bevölkerungsteile in Armut versinken. Deshalb verteidigt der OGB-L das garantierte Mindesteinkommen. Eine Reform dieses Gesetztes ist jedoch notwendig, da verschiedene restriktive Bedingungen bestimmte Teile unserer Bevölkerung ausgrenzen und ihnen das Recht auf das garantierte Mindesteinkommen verwehren. Das Garantierte Mindesteinkommen sollte allen EinwohnerInnen gewährt werden können, welche legal in Luxemburg gearbeitet, hier ihren Arbeitsplatz verloren und ihre Rechte auf Arbeitslosenunterstützung ausgeschöpft haben. Das Gleiche muß für EinwohnerInnen gelten, welche Pensionsbezieher seitens einer luxemburgischen Sozialversicherung sind. Bei einer Reform des RMG-Gesetzes sollten insbesondere folgende Punkte berücksichtigt werden:   
-die Herabsetzung der Altersgrenze,   
-die Vereinfachung der Verwaltungsprozeduren,   
-Ausdehnung des RMG-Gesetzes auf Hilfe in besonderen Lebenslagen, in deren Genuß Menschen gelangen könnten, wenn sie sich in besonderen Notlagen befinden,   
-bessere Information der möglichen RMG-Berechtigten über ihre Rechte.    

    

Sozialversicherungsleistungen für Grenzgänger und Grenzgängerinnen 

Der OGB-L setzt sich dafür ein, daß die Grenzgänger und ihre Familienangehörigen im Bereich der Sozialversicherungsleistungen gleichberechtigt behandelt werden.    

In dem Sinne gilt es die bestehenden Bestimmungen zu überprüfen und gegebenenfalls bestehende Diskriminierungen zu beseitigen. Durch eine verbesserte grenzüberschreitende Zusammenarbeit der zuständigen Verwaltungen sollten überlange Wartezeiten vermieden werden. Bürokratische Schikanen müssen verschwinden.    

Der OGB-L fordert die Ausarbeitung bilateraler Konventionen mit allen Nachbarländern um die sozialen Unterschiede, welche zwischen den einheimischen Arbeitnehmern und den Grenzgängern bestehen, zu beseitigen.    

 

Arbeitsrecht 

Viele Teile unseres Arbeitsrechts müssen reformiert werden, da die entsprechenden Bestimmungen der Entwicklung der Arbeitswelt nicht mehr angepaßt sind. Dies gilt insbesondere in bezug auf die Mitbestimmungsrechte. Nachstehend werden die wichtigsten Reformthemen stichwortartig zusammengefaßt:   
-partielle Reform des Gesetzes von 24.5.89 über den Arbeitsvertrag;   
-Schaffung eines einheitlichen Arbeitnehmerstatuts durch die Harmonisierung der Arbeitnehmerstatute auf der Basis der jeweils besten Bestimmungen des Arbeiter- und des Angestelltenstatuts;   
-Kodifizierung des Arbeitsrechts;   
-Ausbau der Arbeitnehmerrechte im Fall von Konkursen (Verkürzung der Fristen zur Ausbezahlung der geschuldeten Löhne und Gehälter; Abschaffung des maximalen Betrags des Superprivilegs der Arbeitnehmer...);   
-Anpassung des Mindestlohnes mit Berücksichtigung der Mehrausgaben für Berufstätige;   
-gesetzliche Verallgemeinerung der 40 Stundenwoche als maximale Arbeitszeit;   
-Verbesserung der Regelung der Arbeitslosenunterstützung;   
-Festlegung der Arbeitsorganisation und der Arbeitszeitformen, wie Schichtarbeit, nach arbeitsmedizinischen Erkenntnissen, ausgerichtet auf einen größtmöglichen Gesundheitsschutz;   
-Kompensierung der Erschwernisse der Schichtarbeit durch zusätzliche Urlaubstage;   
-Strikte Anwendung des Gesetzes zur Einschränkung der Sonntagsarbeit. Falls Wochenendarbeit unvermeidlich ist, müssen geeignete Kompensationsmaßnahmen mit den Gewerkschaften ausgehandelt werden;   
-Regelung der Ruhepausen und der maximalen Dauer einer Schichtunterbrechung;   
-Reform und konsequente Anwendung des Jugendarbeitsschutzes und der Regelung der Studentenarbeit (Anpassung an den Mindestlohn, Urlaubsregelung, arbeitsmedizinische Betreuung);   
-Schaffung eines Jugendbeauftragten unter der Kompetenz des Arbeitsministers zwecks Durchführung und Kontrolle der Anwendung des Jugendschutzgesetzes;   
-Ausbau und Reform der Gesetzgebung über die gemischten Betriebsräten, der Personalausschüsse und der Personalvertreter in den Verwaltungsräten von Aktiengesellschaften unter Berücksichtigung der neuen Unternehmensstrukturen und der neuen Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes, des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit am Arbeitsplatz, der beruflichen Weiterbildung und der Auswirkungen moderner Informations- und Kommunikationstechnologien auf den Arbeitsplatz;   
-Einführung einer gesetzlichen Basis für Mitbestimmungsstrukturen auf Konzern- oder Gruppenebene;   
-Umsetzung der europäischen Direktive über Europäische Betriebsräte in luxemburgisches Recht;   
-Überarbeitung der Ausschußgesetzgebung (Klärung verschiedener Prozeduren und Interpretationsschwierigkeiten, Verbesserung und Klärung der gesetzlichen Arbeitsmöglichkeiten der Personalvertreter - Räumlichkeiten, technische Arbeitsmittel, Dokumentation, Bewegungsfreiheit, Freistellung usw.);   
-Schaffung gewählter Personalvertretungen für die Angestellten und Beamten in den öffentlichen Betrieben (BCEE, P&T), in den staatlichen Verwaltungen, Betrieben und Schulen sowie in den Sozialversicherungsanstalten;   
-das luxemburgische Recht bezüglich des Zugangs zum öffentlichen Dienst muß, wie in den übrigen EU-Ländern, entsprechend der Jurisprudenz des europäischen Gerichtshofes an die Bestimmungen des EU-Vertrags angepaßt werden;   
-Gesetzliche Einführung von Stundenkrediten für gewerkschaftliche Bildungsarbeit;   
-Reform der Schlechtwetterregelung;   
-Reform der Gewerbeinspektion;   
-Schaffung, beziehungsweise Ausbau von speziellen Fördermaßnahmen für Frauen in der Arbeitswelt, sowie für die Wiedereingliederung von Frauen in das Berufsleben;   
-Verallgemeinerung des Überstundenzuschlages für die Arbeitnehmer aller Wirtschaftszweige auf 50%;   
-gesetzliche Verankerung und Verbesserung der betrieblichen und allgemeinen Weiterbildung, der Erwachsenenbildung sowie der sozialen wirtschaftlichen und kulturellen Weiterbildung muß in dieser Legislaturperiode verwirklicht werden. Diese Reformen müssen ihren Niederschlag nicht nur in der Bildungspolitik sondern auch im Arbeits- und Sozialrecht sowie in der Kollektivvertragspolitik finden;   
-Einführung eines Gesetzes zur Bestrafung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und der damit einhergehenden Form von Diskriminierung;   
-Verbesserung der beruflichen Reintegrationsmöglichkeiten für Arbeitnehmer, die durch einen Unfall behindert wurden;   
-Verlängerung des Kündigungsschutzes bei Krankheit auf 52 Wochen;   
-Verallgemeinerung des Vorgespräches bei einer geplanten Entlassung;   
-Neuregelung des Gesetzes betreffend Massenentlassungen, besonders was die Bestimmungen über die Aushandlung und die Verwirklichung von Sozialplänen betrifft;   
-Anpassung der gesetzlichen Abgangsentschädigungen der ArbeiterInnen an diejenigen der Angestellten.    

 

WOHNUNGSPOLITIK 

Noch immer besteht in Luxemburg Wohnungsmangel. Diese Situation ist auf Dauer unerträglich.    

In erster Linie gilt es deshalb den fehlenden Wohnraum zu schaffen. Priorität sollte vor allem dem Nachholbedarf an sozialen, alten- und behindertengerechten Wohnungen und an Wohnungen für kinderreiche Familien gelten.    

Des weiteren bedarf es regulierender staatlicher Maßnahmen, welche den Verteilungsmechanismus zu Gunsten der Allgemeinheit beeinflussen.    

Es besteht kein Gesamtkonzept über die als Bauland zur Verfügung stehenden Gebiete. Dies führt oft zu Verschwendung von Land oder auch dazu, daß noch immer in Gebieten gebaut wird, die nicht für die Schaffung von Wohnungen geeignet sind (bspw. potentielle Überschwemmungsgebiete). Der OGB-L verlangt, daß bei der Erschließung von neuem Bauland landesplanerische Überlegungen berücksichtigt werden und entsprechend eine Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und dem Landesplanungsministerium stattfindet.    

Was die Mietwohnungen anbelangt, so wird der Markt noch immer vom Wohnungsmangel bestimmt und die Preise bleiben extrem hoch, weil die vom Gesetz vorgesehenen Höchstmietpreise in der Praxis weder systematisch überwacht, und ggf. streng geahndet, noch die diesbezüglich vor der Mietkommission klagenden Bürger ausreichend vor willkürlichen Kündigungen geschützt werden.    

Des weiteren muß neben der dringend notwendigen Reform des Mietgesetzes, und der Erstellung eines Gesamtbebauungsplanes, der soziale Wohnungsbau intensiviert, und die Einführung einer staatlichen und kommunalen Mietbörse realisiert werden.    

Die nachträgliche Zweckentfremdung von Wohnungen in Büro- bzw. Geschäftsraum ist strenger und effektiver von einer eigens hierzu berufenen Mietpolizei zu überwachen.    

Die gesetzlichen Bestimmungen über die Meldepflicht von freistehenden Wohnungen müssen beachtet werden. Die Informationen über den Wohnungsmarkt wie Preis, Lage, Größe, Zustand, Besitzer oder Agentur usw. der Wohnungen könnten so auf den Wohnungsämtern der Gemeinden zentralisiert werden. Kleinere Gemeinden in denen kein Wohnungsamt besteht, sollten an regionale Wohnungsämter, die es zu schaffen gilt, angegliedert werden. Durch diese Maßnahme wären alle regionalen Angebote an einer Stelle gesammelt. Die Gemeinden könnten auch die privaten Wohnungen nach sozialen Kriterien vermitteln. Der Mietvertrag könnte weiterhin von den Agenturen abgeschlossen werden.    

Wucher und unzumutbare Angebote würden stark begrenzt werden, da die Wohnungen von den Sachverständigen der Gemeinden inspiziert würden.    

Beim Wohnungsbau und bei der urbanistischen Planung muß darauf geachtet werden, daß keine Ghettos entstehen, daß die soziale Vielfalt respektiert wird und daß Wohnungen und soziale Einrichtungen für alle Menschen alte und junge, ledige und verheiratete in allen Wohnvierteln von vorneherein mitgeplant werden.    

Zudem muß darauf geachtet werden, daß alle Wohnungssuchenden und alle Personen, die sich eine Eigentumswohnung anschaffen wollen, bezüglich der Verwaltungsprozeduren gleich behandelt werden. 

SICHERHEIT UND GESUNDHEITSSCHUTZ AM
ARBEITSPLATZ 
   
   

Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sind permanente gewerkschaftliche Herausforderungen.    

Der OGB-L fordert menschengerechte und sichere Arbeitsplätze. Dies kann nur erreicht werden, wenn die Arbeitsbedingungen ständig verbessert werden und der Ausbau der Sicherheit am Arbeitsplatz vorangetrieben wird. Auch hier bieten Kollektivverträge eine gute Basis, um konkrete, den Betrieben entsprechende Sicherheits- und Gesundheitsmaßnahmen einzuführen. Um das Instrument Kollektivverträge in diesem Bereich besser einsetzen zu können, müßte unsere Kollektivvertragsgesetzgebung jedoch so reformiert werden, daß diese Themen behandelt werden müssen und auch abgetrennt von den tariflichen Vertragsbestimmungen behandelt werden könnten.    

Neue Arbeits-, Produktionstechniken und der immer größere Einsatz von gefährlichen, gesundheitsschädlichen Produktionsstoffen, Personalabbau und Steigerung der Produktivität, erhöhen die Risiken am Arbeitsplatz.    

Bei der Einführung neuer Technologien und beim Umgang mit neuen und gefährlichen Stoffen, muß neben verstärkten Schutzmaßnahmen auch die Informationspflicht eingeführt werden. Des weiteren muß in allen Bereichen, die von der Einführung neuer Technologien betroffen sind, im Rahmen des Kollektivvertrages, ein Technologieabkommen ausgehandelt werden, welches alle Schutzmaßnahmen in puncto neue Technologien beinhaltet und auch Weiterbildungsmaßnahmen beinhaltet. Eine entsprechende Verpflichtung muß in die Kollektivvertragsgesetzgebung festgeschrieben werden.    

Darüber hinaus fordert der OGB-L verstärkt Investitionen in Weiterbildungsmaßnahmen und Verhandlungen auf betrieblicher und sektorieller Ebene zwecks Erstellung von Weiterbildungsplänen, wie sie auf europäischer Ebene zwischen EGB und Unice (europäischer Arbeitgeberverband) ausgehandelt wurde.    

Das 1994 verabschiedete Gesetz über die Gesundheit auf dem Arbeitsplatz ist ein Schritt in Richtung Gesundheitsschutz in den Betrieben.    

Allerdings gilt es hier, wie auch bei allen anderen gesetzlichen Bestimmungen, deren Einhaltung zu überwachen und zu gewährleisten. Der OGB-L ist sich seiner Rolle in diesem Zusammenhang voll bewußt, und wird im Rahmen der ihm gegebenen Möglichkeiten alles tun, damit die in diesem Gesetz festgeschriebenen Bestimmungen zum Tragen kommen.    

Der OGB-L kritisiert, daß seitens der Regierung verpaßt wurde, eine einheitliche Gesetzgebung zu verabschieden.    

Die Ausbildungs- und Einflußmöglichkeiten der Sicherheitsdelegierten im Betrieb müssen erweitert und verbessert werden. Damit sie wirksam bei der Gestaltung von menschengerechten Arbeitsplätzen mitarbeiten können, müssen die Sicherheitsdelegierten verbesserte Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit kompetenten Fachleuten der Gewerbeinspektion und des Umweltministeriums erhalten.    

Den Gewerkschaften und den Berufskammern der Arbeitnehmer müssen budgetäre Mittel zur Informations- und Bildungsarbeit in diesem Bereich zur Verfügung gestellt werden, aber auch um endlich eigene Arbeitsumweltschutzbeauftragte im Dienst der gewerkschaftlichen Sicherheitsleute einstellen zu können.    

Sicherheit und Schutz am Arbeitsplatz bedeuten auch das Verhindern von betrieblich verursachten Umweltproblemen, da die Umwelt einen unmittelbaren Einfluß auf die Arbeits- und Lebensbedingungen ausübt.    

Schlußendlich fordert der OGB-L die Regierung auf, die bestehenden internationalen Übereinkommen über Schutz- und Sicherheitsbestimmungen zu ratifizieren.    

Der OGB-L setzt sich ein für die Ausweitung des Berufskrankheitskataloges und fordert die permanente Anpassung an neue Entwicklung insbesondere im Dienstleistungssektor. Verstärkte Prävention und verschärfte Schutzbestimmungen sind notwendig. Zudem muß die Einhaltung der Schutzbestimmungen schärfer kontrolliert werden.    

Er verlangt außerdem Maßnahmen zur schnellen und effektiven Krebsbekämpfung und somit zum Schutz der umfassenden Gesundheit aller in Luxemburg arbeitenden und wohnenden Menschen. Der erschreckenden Krebssteigerungsrate innerhalb der beiden letzten Generationen muß zusätzlich zur publizistischen Präventionsarbeit eine aktive gesetzliche Krebsvorbeugungs- und Verhinderungsstrategie entgegengesetzt werden. Kanzerigene und Ultrakanzerigene dürfen nicht weiter über die Abwässer bzw. über gefährliche Substanzen an den Arbeitsplätzen unsere Arbeitnehmer und Verbraucher gesundheitlich schädigen, Deshalb ist ein rigoroses Verbot dieser Substanzen vorzunehmen wenn sie durch unbedenkliche Stoffe ersetzt werden können, bevor eine systematische Eliminierung aller Kanzerigene und Ultrakanzerigene in allen Bereichen und auf nationaler wie europäischer Ebene angestrebt werden kann. Darüber hinaus müssen alle anderen möglichen Ursachen für Krebserkrankungen bekämpft werden. Die Krebsbekämpfung ist eine Herausforderung für die heutige Gesellschaft. 

GESUNDHEITSWESEN 

Der Bereich Gesundheit gehört seit jeher zu den gewerkschaftlichen Eckpfeilern des OGB-L. Immer stärker sind besonders die ArbeitnehmerInnen sowohl am Arbeitsplatz als auch im privaten Umfeld Belastungen ausgesetzt, die zu Gesundheitsschäden führen können. Umwelteinflüsse, Streß am Arbeitsplatz, veränderte Lebensbedingungen tragen dazu bei, daß immer mehr Menschen der Gesundheitsproblematik einen höheren Stellenwert zumessen.    

Der OGB-L will die Voraussetzungen schaffen, daß für alle Bürger im gleichen Umfang und ohne Rücksicht auf ihr Einkommen eine optimale Gesundheitsversorgung gewährleistet wird. Der OGB-L unterstreicht die positiven Ansätze für eine moderne und zukunftsorientierte Gesundheitspolitik, die in dem Weißbuch "Gesundheit für alle" des Gesundheitsministerium enthalten sind.    

In diesem Weißbuch, das als Bestandsaufnahme und als längerfristiges Programm gedacht ist, sind unter anderem auch die Forderungen des OGB-L im Hinblick auf den Ausbau und die Verallgemeinerung der Präventivmedizin, vor allem am Arbeitsplatz und im Schulbereich, die Sensibilisierung der Öffentlichkeit durch breitgefächerte Informationskampagnen und die Verwirklichung von Pilotprojekten in ausgewählten Betrieben in den Bereichen Präventivmedizin und Unfallverhütung enthalten.    

Der OGB-L fordert, daß die Umsetzung der Ziele und Schlußfolgerungen, die sich aus dem Weißbuch "Gesundheit für alle" ergeben, in der jetzigen und in den folgenden Legislaturperioden durchgeführt wird und daß für die Investitionen in den Gesundheitsbereich die notwendigen finanziellen Mittel bereitgestellt werden.    

Dies gilt vor allem für den generationsübergreifenden Spitalplan, wo für die Modernisierung der Krankenhäuser Investitionen in Höhe von 17 Milliarden Franken vorgesehen sind, die sich über mehrere Legislaturperioden hinziehen werden. Diese Investitionen betrachtet der OGB-L als unerläßlich für eine zukunftsorientierte Gesundheitsversorgung im Interesse der Allgemeinheit. Der OGB-L verlangt des weiteren, daß alle interessierten Parteien, d.h. sowohl die Patienten, als auch das Personal und die Leistungslieferanten, an der Ausarbeitung der Modernisierungspläne beteiligt werden.    

Obwohl der OGB-L eine moderne medizinisch-technische Infrastruktur fordert, die dem bestmöglichen Standard entspricht, dürfen die Krankenhäuser nicht zu Technologie-Fabriken werden, denen die humane Dimension fehlt. Der OGB-L will menschenwürdige Krankenhäuser, wo prioritär den Bedürfnissen der Kranken Rechnung getragen wird. Zu einer optimalen Gesundheitsversorgung gehört deshalb auch die gesetzliche Regelung der Rechte und Pflichten der Patienten.    

Vor allem gilt es, jetzt und in Zukunft einen Mangel an qualifiziertem Personal zu verhindern. Dies setzt korrekte Gehälterstrukturen, eine adäquate Ausbildung, eine kontinuierliche Weiterbildung und nicht zuletzt eine wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen voraus. Dies heißt aber auch, daß besonders im Gesundheitsbereich die Wiedereingliederung von Frauen, die ihren Beruf vorübergehend aufgeben mußten, erleichtert wird und daß soziale Begleitmaßnahmen in die Wege geleitet werden, wie z.B. die Schaffung von Kinderkrippen.    

Der OGB-L stellt fest, daß im Bereich Geriatrie und Pflegeversorgung immer noch ein großer Bedarf an Betten besteht, wie es die langen Wartelisten ausweisen. Obwohl der Bau von neuen Pflegeheimen etwas Entlastung bringt, sind weitere Anstrengungen notwendig. Deshalb fordert der OGB-L, daß endlich der Heimpflegedienst koordiniert wird, daß seine Kompetenzen neu definiert und neuen Initiativen Rechnung getragen wird und daß auch im Pflegebereich verstärkt wiederaufbauende und heilgymnastische Medizin praktiziert wird.    

Um dem steigenden Drogenkonsum und den damit einhergehenden Problemen (Beschaffungskriminalität, Verbreitung von Infektionskrankheiten wie AIDS oder Hepatitis, bleibende Gesundheitsschäden usw.) wirksam begegnen zu können, verlangt der OGB-L, daß die präventive Drogenbekämpfung verstärkt wird und daß die Infrastrukturen zur Betreuung von Drogenabhängigen ausgebaut werden. Dazu gehört auch die Entkriminalisierung der Drogenabhängigen, die als Kranke und nicht als Kriminelle behandelt werden sollen. 

SICHERHEIT 

Der OGB-L ist sich bewußt, daß unsere Bevölkerung verlangt in Sicherheit leben zu können. Aggressionen, Vandalismus, Einbrüche beeinträchtigen die Lebensqualität der Bevölkerung und führen zu Angst und Verunsicherung, die ein Nährboden für Rechtsextremismus werden können.    

Der OGB-L ist der Auffassung, daß in der Bekämpfung dieser Phänomene, sowie der Bekämpfung von Rassismus und Fremdenhaß die Priorität auf der Prävention liegen muß. Präventivmaßnahmen müssen auf allen Ebenen organisiert und durchgeführt werden, hierzu gehört auch die verschärfte Präsenz der Ordnungskräfte in gefährdeten Gebieten . 

UMWELTPOLITIK 

Umweltschutz und Umweltverträglichkeit sind für den OGB-L ein wesentlicher Bestandteil einer zukunftsorientierten Politik und müssen auf allen Ebenen der Politik beachtet werden.    

Mittel- und langfristig sind Betriebe, die umweltschädlich sind oder umweltschädliche Produkte herstellen, und Betriebe, die die Entwicklung in Sachen Umweltschutz und Umweltverträglichkeit nicht berücksichtigen, gefährdet, und damit sind auch die Arbeitsplätze in diesen Betrieben gefährdet. In dieser Hinsicht sind besonders die Arbeitgeber gefordert.    

Wichtige allgemeine Aufgaben, die zu lösen sind, sind die Erstellung und Durchführung eines Müllvermeidungskonzeptes, einer wirksamen Wiederverwertungspolitik und einer wirksamen Müllentsorgung. In diesem Bereich besteht ein dringender Handlungsbedarf.    

Der OGB-L spricht sich für die geplante nationale Industriemülldeponie aus, unter der Bedingung, daß den modernsten Umweltschutzkriterien Rechnung getragen wird.    

Die Bekämpfung der Luftverschmutzung und der Gewässerschutz sind zwei weitere wichtige Aufgaben.    

Die Beseitigung von Umweltschäden, die sogenannten Altlasten, aber auch eine präventive Umweltpolitik können kurzfristig kostenintensiv sein. Umweltschutz gibt es nicht zum Nulltarif und muß deshalb auch in die budgetären und volkswirtschaftlichen Überlegungen der verantwortlichen Politiker einbezogen werden.    

Auf die Fragen des Umweltschutzes gibt es keine einfachen Antworten, da es sich um komplexe Zusammenhänge handelt. Deshalb muß auf allen gesellschaftlichen Ebenen ein demokratischer Dialog zu diesem Thema geführt werden.    

In den Betrieben ist, neben einer positiven Einstellung der Arbeitgeber, eine Ausdehnung der Mitbestimmungsgesetzgebung auf diese Themenbereiche notwendig. Gleichzeitig ist der Qualifizierung der Arbeitnehmer und ihrer Delegierten in Fragen des Umweltschutzes durch ein konsequentes Weiterbildungsangebot ein besonderes Augenmerk zu schenken.    

Damit umweltfreundliche Betriebe möglich werden, neue Industrieanlagen den allerletzten technologischen und technischen Erkenntnissen entsprechen, muß der Staat spezielle, und spezifische, rückzahlbare Investitionshilfen im Umweltbereich, verbunden mit Terminauflagen, zur Verfügung stellen.    

Die Schaffung eines Instituts zur ökosozialen Erneuerung der Marktwirtschaft könnte ein wichtiges wirtschaftspolitisches Instrument sein und zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen.    

Im Bereich Umweltschutz sind sowohl der Staat, die Betriebe wie auch jeder einzelne Bürger gefordert. Die Umweltprobleme tragen maßgeblich dazu bei daß die Menschen verstärkt Angst vor der Zukunft haben. Eine aktive positive Umweltpolitik, die das Verantwortungsbewußtsein der Menschen anspricht, bedingt eine Wirtschaftspolitik, die auf eine kontrollierte, umweltverträgliche und dauerhafte Entwicklung ausgerichtet ist. Umwelt- und gesundheitsgefährdende Betriebe bieten auf die Dauer keine sicheren Arbeitsplätze.    

Umweltpolitik ist ein Bestandteil einer qualitativen Politik, die auch die notwendigen finanziellen Mittel seitens der öffentlichen Hand bedingt. Neben gesetzlichen und administrativen Vorschriften und Auflagen können Ökosteuern ein sinnvolles Mittel zu einer umweltgerechten Orientierung der Produktion und des Konsumverhaltens sein. Prinzipiell sollten Ökosteuer in Bereichen eingesetzt werden, wo sich dem Konsumenten oder dem Produzenten umweltverträgliche Alternativen bieten. Da es sich um indirekte, d.h. sozial unausgewogene Steuern handelt, muß gegebenenfalls eine sozialverträgliche Gestaltung verschiedener Ökosteuern vorgesehen werden.    

Um zu verhindern, daß in Luxemburg ein Mißverhältnis zwischen Industrie und Dienstleistungssektor entsteht, sind zusätzliche Anstrengungen in der Industriepolitik notwendig, wobei der Schwerpunkt auf der Ansiedlung von modernen hochtechnologischen Betrieben liegen muß, die einen hohen Mehrwert schaffen. Im Rahmen einer umweltorientierten Wirtschaftspolitik soll gezielt die Ansiedlung von Betrieben, die im Umweltbereich (Recycling, Umwelttechnologien) aktiv sind, vorangetrieben werden.    

Aktiver Umweltschutz kann auch auf vielen anderen Gebieten neue Arbeitsplätze schaffen.    

Der OGB-L fordert die Schaffung eines Fonds für Investitionshilfen, die eine umweltgerechte Rekonvertierung der Betriebe erleichtern und beschleunigen sollen. Der OGB-L fordert ebenfalls, daß den Berufskammern der Arbeitnehmer die nötigen Geldmittel zur Verfügung gestellt werden, um Umweltberater einzustellen, und daß das Thema Umwelt in den Aufgabenbereich der Personalausschüsse und der gemischten Betriebsräte einbezogen wird. 

Jugendpolitik 

Der Jugendpolitik muß der gleiche Stellenwert wie den anderen Bereichen der Politik zugemessen werden. Für den OGB-L bedeutet Jugendpolitik, den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben sich einzusetzen, sich zu entfalten, kreativ zu sein. Die Jugend muß mitbestimmen können.    

Der OGB-L stellt fest, daß die Statistiken der Arbeitsmarktverwaltung einen hohen Anteil an jugendlichen Arbeitslosen ausweist. Deshalb sind weitere Anstrengungen im Bereich des öffentlichen Bildungswesens, speziell bei der Berufsausbildung und der beruflichen Weiterbildung, notwendig. Dazu gehört auch die intensive Förderung von Lehr- und Ausbildungsstellen sowohl in den Betrieben wie auch in überbetrieblichen Lehr- und Ausbildungszentren und die Einhaltung und strikte Anwendung aller Bestimmungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes.    

Auch Jugendlichen unter 18 Jahren, die im Arbeitsprozeß stehen und ihren Beitrag an die Arbeitnehmerberufskammern entrichten, muß die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Vertreter sowohl bei den Berufskammern wie auch in den Krankenkassengremien zu wählen.    

Außerdem fordert der OGB-L:   
-eine Reform des Jugendausschußgesetzes;   
-ein gesetzliches Statut für Schülervertreter;   
-neue Maßnahmen zur Sicherheit im Straßenverkehr, unter anderem im Bereich des Schülertransportes, der Ausbildung der Führerscheinanwärter und der Begleitung der Führerscheinneulinge;   
-eine strengere Gesetzgebung zum Schutz der Kinder und Jugendlichen, wie z.B. Kindesmißhandlungen, Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, Kinderprostitution und -pornographie, Kinderhandel usw.;   
-die strikte Überwachung des Gesetzes über das Verbot der Kinderarbeit;   
-die Eingliederung der einzelnen kommunalen undunabhängigen Jugendzentren in ein national koordiniertes Netz;   
-den Bau einer nationalen Kulturhalle, wo Großveranstaltungen, wie z.B. RockKonzerte, unter annehmbaren Bedingungen stattfinden können. 

KULTURPOLITIK 

Für den OGB-L bedeutet Kulturpolitik die Humanisierung und Demokratisierung der Gesellschaft. Kultur darf nicht als elitäre Spielwiese für einige Auserwählte verstanden werden, sondern muß, als Bestandteil unserer Gesellschaft, für jedermann zugänglich sein. Deshalb will der OGB-L die kulturelle Initiativen der ArbeitnehmerInnen fördern und ihnen die Teilnahme am kulturellen Leben ermöglichen. Nur in einem aufgeschlossenen und toleranten Umfeld können sich Kunst und Kultur entfalten und entwickeln. Kulturelle Vielfalt heißt aber auch, daß die kulturellen Aktivitäten der ausländischen Mitbürger gefördert und respektiert werden.    

Der OGB-L will ebenfalls seine Zusammenarbeit mit der Unabhängigen Gewerkschaft der Künstler (OAGL) verstärken und gemeinsam mit ihr für die Interessen der Kulturschaffenden eintreten. Dabei geht es vor allem darum:   
-die Freiheit des geistigen Schaffens, die Vielfalt künstlericher und kultureller Ausdrucksformen und die öffentliche Aufgabe der Förderung von Kunst und Kultur in einer demokratischen Gesellschaft zu gewährleisten;   
-die arbeitsrechtliche und soziale Absicherung der Kulturschaffenden über ein gesetzlich verankertes umfassendes Künstlerstatut zu regeln;   
-die Ausbildung in den künstlerischen und Medienberufen frei von staatlichem Einfluß zu verbessern;   
-den Urheber- und Leistungsschutz zu verbessern und dementsprechend einen ausreichenden Sozialfonds für KünstlerInnen und MedienmitarbeiterInnen zu schaffen;   
-die Verwertungsgesellschaften unter gleichberechtigter Mitbestimmung der Kulturschaffenden auszubauen;   
-die Mitbestimmung und Selbstverwaltung der Kulturschaffenden in allen sie betreffenden Angelegenheiten auszubauen. 

FÜR MEHR TRANSPARENZ UND BÜRGERNÄHE, GEGEN ANGSTMACHEREI 

Der Staat ist verantwortlich dafür, daß die Bürger in den Genuß aller ihnen zustehenden Rechte kommen können. Dies bedingt, daß sämtliche bestehende und zukünftige Gesetze im sozialen und arbeitsrechtlichen Bereich transparenter gestaltet und dem sich ständig wandelnden Umfeld angepaßt werden.    

Des weiteren muß der Staat über eine personalmäßig und technisch gut ausgerüstete Verwaltung verfügen, die für eine unbürokratische Umsetzung der Gesetze sorgt und bürgernah funktioniert, dies besonders im Bereich der "Caisse Nationale des Prestations Familiales", der Arbeitsmarktverwaltung und des garantierten Mindesteinkommens, der Steuerverwaltung, der Krankenkassen, der Subventionen und Rückvergütungen beim Wohnungsbau oder -kauf.    

Es gilt ebenfalls die verschiedenen Initiativen und die Tätigkeit der zuständigen Verwaltungsstellen im Interesse einer optimalen Dienstleistung für die behinderten Menschen zu koordinieren. Gegebenenfalls sollte die Stelle eines Regierungsbeauftragten für Behindertenangelegenheiten geschaffen werden.    

Auch die Arbeitsgerichte müssen endlich in die Lage versetzt werden, daß sie ihre Aufgaben in annehmbaren Fristen erfüllen können.    

Notwendiger denn je sind qualitative Verbesserungen sämtlicher bestehender sozial- und arbeitsrechtlicher Bestimmungen, sowie endlich die Kodifizierung des Arbeits- und Sozialrechts, um die dringend erforderliche Transparenz zu gewährleisten.    

Der OGB-L ist überzeugt, daß ein gut funktionierender öffentlicher Dienst von größter Bedeutung für eine soziale und demokratische Gesellschaft ist. Deshalb setzt sich der OGB-L für eine Modernisierung und den Ausbau der öffentlichen Dienste ein und wehrt sich gegen Privatisierungstendenzen, die sich schlußendlich negativ auf die sozialen Dimensionen des öffentlichen Dienstes auswirken.    

Der OGB-L wehrt sich gegen eine Politik der Verunsicherung und Angstmacherei im Hinblick auf die zukünftige Alters- und Krankenversorgung. Er erklärt einmal mehr, daß er sich in diesem Zusammenhang an den notwendigen Diskussionen und Beratungen Beteiligen wird und bereit ist, seine Verantwortung zu übernehmen. Er warnt jedoch davor, die Lösung der Probleme ausschließlich in der Einführung einer obligatorischen Pflegeversicherung zu sehen. Es gilt zuerst alle anderen Möglichkeiten auszuschöpfen und darüber hinaus auch diese Diskussion in den allgemeinen Rahmen der Leistungen und ihrer Finanzierung durch den Staat zu setzen. 

GELDMITTEL FÜR REFORMEN 

Der OGB-L weist auf die Bedeutung der direkten und indirekten Steuern sowie der anderen obligatorischen Abgaben als Mittel zur Finanzierung der kollektiven Aufgaben hin, wobei im Interesse einer gerechteren Lastenverteilung der Schwerpunkt auf der direkten Besteuerung liegen muß. Der OGB-L warnt vor weiteren Erhöhungen der Sozialbeiträge und der indirekten Steuern, wie z.B. der Mehrwertsteuer, weil sie mehr als andere Steuern die Kaufkraft schwächen.    

Der OGB-L erinnert an seine grundsätzliche Kritik und Warnung gelegentlich der großen Steuerreform von 1991, die durch undifferenzierte Steuersenkungen die Finanzkapazität des Staates derart einschränken würde, daß er seinen Verpflichtungen gegenüber den kollektiven Bedürfnissen der Bevölkerung nicht mehr nachkommen könnte.    

Er erinnert des weiteren daran, daß die 91er Steuerreform zu einer umstrittenen Erhöhung der steuerlichen Belastung verschiedener Einkommensschichten geführt hat. Der OGB-L verlangt eine baldige Überprüfung der Kritiken, die seitens verschiedenen Gruppen (Alleinerziehende, Geschiedene, Verwitwete) vorgebracht werden. Jedwede steuerliche Benachteiligung der Grenzgänger ist zu beseitigen.    

Eine gerechte und transparente Steuerpolitik, die Bekämpfung der Steuerhinterziehung und der Spekulation, die Verhinderung von Steuerrückständen würden es dem Staat erlauben, über die nötigen Einnahmen zu verfügen, um eine effiziente Politik und dringend erforderliche Reformen und Investitionen im Sozialbereich durchführen zu können. Der OGB-L fordert eine grundsätzliche Debatte über eine höhere Fiskalisierung von Teilen der Sozialpolitik. 

VORRANG FÜR DIE BEKÄMPFUNG DER ARBEITSLOSIGKEIT UND DEN ERHALT DER VOLLBESCHÄFTIGUNG 

Herausragendes Problem unserer Zeit ist die Massenarbeitslosigkeit und, damit einhergehend, die Verarmung und Ausgrenzung von Millionen Menschen. Allein in den EU-Staaten sind zur Zeit 18 Millionen Menschen ohne Arbeit sein, über 50 Millionen leben jetzt schon von Einkommen, die unterhalb des Existenzminimums liegen. Auch in Luxemburg bleibt die Arbeitslosigkeit ein Thema, da annähernd 5.000 Arbeitssuchende eingeschrieben sind, wobei die Dunkelziffer weit höher liegt. Obwohl die Lage in Luxemburg weniger dramatisch ist als in den anderen EU-Ländern, erfordert sie doch ein Umdenken, sowohl bei denen, die Arbeit haben, bei den Gewerkschaften, aber auch, und vor allem, bei den Politikern und bei den Arbeitgebern.    

Bestehende Maßnahmen müssen permanent auf ihre Wirksamkeit überprüft und angepaßt werden. Neue Maßnahmen, um die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen und die Vollbeschäftigung wieder herzustellen, müssen beständig entwickelt und ihre Finanzierung gesichert werden. Ergebnisse können all diese Maßnahmen nur bringen, wenn die Arbeitnehmer und die Betriebe mittels einer breiten Informationskampagne darüber informiert werden und die Bereitschaft besteht, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen. Wobei besonders die Solidarität der privaten sowie der öffentlichen Arbeitgeber gefordert ist, um den Arbeitsmarkt an Hand der bestehenden Maßnahmen zu entlasten.    

Der Staat muß garantieren, daß sowohl die Arbeitsmarktverwaltung wie die Gewerbeinspektion in die Lage versetzt werden, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Einerseits muß die Arbeitsmarktverwaltung personalmäßig und technisch in der Lage sein, die Organisation des Arbeitsmarktes und die soziale Begleitung der Arbeitssuchenden zu gewährleisten. Andererseits muß auch die Gewerbeinspektion personalmäßig, logistisch und von ihren Kompetenzen her so ausgestattet werden, daß sie ihre Kontrollfunktion ausfüllen kann. Dabei muß der Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz, der Bekämpfung des sozialen Dumpings, der illegalen Arbeit, der Schwarzarbeit und der grenzüberschreitenden Leiharbeit ein besonderes Augenmerk gewidmet werden.    

Die Einführung eines Sozialpasses würde die notwendigen Kontrollen vereinfachen. Kontrollen sind gut und notwendig, und sie sollen verstärkt werden. Allerdings muß darauf geachtet werden, daß die Ausgebeuteten nicht zusätzlich bestraft werden, während ihre Ausbeuter fast ungeschoren davonkommen. Demzufolge muß auch die Situation der Arbeitnehmer, die sich seit Jahren in einer teilweise illegalen Lage befinden, regularisiert werden.    

Ein besonderes Augenmerk muß den frauenspezifischen Problemen bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gewidmet werden. Der OGB-L fordert ebenfalls, daß vermehrt Frauen bei der Gewerbeinspektion und in der Arbeitsmarktverwaltung eingestellt werden.    

Der Staat und die Wirtschaft bleiben gefordert, sowohl die industrielle Zukunft des Landes zu gewährleisten wie auch den Finanzplatz und den Dienstleistungssektor zu konsolidieren. Dazu ist eine moderne Schul- und Ausbildungspolitik unerläßlich, ebenso wie die permanente Modernisierung der Infrastrukturen, unter Berücksichtigung umweltpolitischer Aspekte. Die Innovationsbereitschaft in allen Bereichen, sowie die Ansiedlung neuer Betriebe sind optimal zu fördern.    

In bezug auf die Erschließung neuer Arbeitsplatzangebote bietet sich im Umfeld einer veränderten Gesellschaftsstruktur der Ausbau des sozialen Dienstleistungssektors an. Dazu ist ein Inventar der bestehenden und der zu schaffenden sozialen Dienstleistungen im Bereich der Familienpolitik (Kindertagesstätten und -krippen), der Schulpolitik (Ganztagseinrichtungen, Hausaufgabenhilfe, Ferienprogramme, Kantinen usw.), der Gesundheits- und Altenpolitik (Heimpflege, "Repas sur Roues", Tagesstätten usw.) zu erstellen.    

Insgesamt müssen bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze auch regionalpolitische Überlegungen berücksichtigt werden.    

Um einer eventuellen Verschärfung der Arbeitslosigkeit in Luxemburg wirksam begegnen zu können, sollte die Ausarbeitung eines Notstandsprogramms für Arbeiten öffentlichen Nutzens in die Wege geleitet werden.    

Der OGB-L fordert ebenfalls eine Bestandsaufnahme der notwendigen Arbeiten im Bereich der Infrastrukturen. Das sich daraus ergebende Investitionsprogramm würde sicherlich neue Arbeitsplätze schaffen und bestehende absichern. Darüber hinaus könnte auf diese Weise festgestellt werden, welche Arbeiten sinnvollerweise über ein Programm von Notstandsarbeiten verwirklicht werden könnten.    

Im Erziehungswesen, also auch in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, muß eine konsequente und kontinuierliche Reformpolitik durchgesetzt werden. Dabei ist eine umfassende und zeitgemäße Grundausbildung sowie eine gute Allgemeinbildung wichtig, da in Zukunft Berufswechsel zunehmen werden und die Berufe selbst sich in einem permanenten Wandel befinden.    

Der OGB-L hält die Schaffung eines Rahmengesetzes zur Weiterbildung für unerläßlich. Zweck eines solchen Gesetzes muß sein, den Erwachsenen einen guten Zugang zu Weiterbildungsmaßnahmen zu gewährleisten, unter anderem über den Weg eines gesetzlich verankerten Weiterbildungsurlaubs. Dabei muß das Weiterbildungsangebot so gestaltet werden, daß es den heutigen Arbeitsbedingungen, wie flexible Arbeitszeit oder Schichtarbeit, Rechnung trägt. Eine derartige Politik bedingt zusätzliche Investitionen seitens der öffentlichen Hand, wobei die Arbeitgeber nicht aus ihrer Verantwortung entlassen werden dürfen. Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, daß durch eine moderne und wandlungsfähige Bildungspolitik den in Luxemburg lebenden Menschen die gleichen Chancen geboten werden, um im Konkurrenzkampf um die Arbeitsplätze bestehen zu können.    

Der OGB-L fordert erneut eine grundlegende Debatte über die Reduzierung der Arbeitszeit, mit dem Ziel der 35-Stunden-Woche, sowie über die Arbeitsorganisation. Als Bestandteil einer solidarischen Aktion zur Erhaltung bestehender und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, sowie zur Humanisierung der Arbeitswelt, fordert der OGB-L ein Rahmengesetz zur Arbeitszeitverkürzung in allen möglichen Formen.    

Um Arbeitsplätze zu erhalten oder zusätzliche zu schaffen, darf auch die Flexibilisierung der Arbeitszeit kein Tabu sein. Der OGB-L ist nicht grundsätzlich gegen neue Formen der Arbeitsorganisation, dies jedoch unter der Voraussetzung, daß diese in einem legalen Rahmen und über kollektivvertragliche Vereinbarungen abgesichert werden, sowie die Lebensqualität der Arbeitnehmer nicht beeinträchtigt wird.    

Eine Deregulierung der Arbeit, ein Abbau der sozialen Errungenschaften oder der Gewerkschaftsrechte, wie es die Arbeitgeber fordern, wird jedoch auf den Widerstand des OGB-L stoßen.    

Als Sofortmaßnahmen drängt sich eine Abschaffung aller Ausnahmereglungen zur 40-Stunden-Woche auf.    

Des weiteren verlangt der OGB-L, daß die Ausnahmen zur Überstundenregelung weiter eingeschränkt werden und der Arbeitsminister die Genehmigungen nur für unumgängliche Notfälle erteilt. Die Gewerbeinspektion muß sicherstellen, daß die Überstundengesetzgebung respektiert wird.    

Kontrollen und Strafmaßnahmen müssen konsequent durchgeführt und verhängt werden.    

Ansätze zu anderen Formen der Arbeitszeitverkürzung, vor allem in der Jahresarbeitszeit, wie z.B. die 6. Urlaubswoche, zusätzliche betriebliche Feiertage, auf das Dienst- oder Lebensalter bezogener Urlaub sind in den meisten Kollektivverträgen enthalten.    

Die OGB-L Forderung nach der 6. Urlaubswoche d.h. die Erhöhung des Jahresurlaubs von 25 auf 30 Tage ist schon vielen Betrieben und Wirtschaftsbereichen ganz oder teilweise realisiert. Sie behält weiterhin ihre Gültigkeit, so lange wie sie nicht in allen Kollektivverträgen gänzlich erfüllt ist. 

DIE KOLLEKTIVVERTRAGSPOLITIK INHALTLICH ERWEITERN, DIE KONTINUITÄT DER TARIFPOLITIK WAHREN, DAS KOLLEKTIVVERTRAGSGESETZ REFORMIEREN 

Als größte Gewerkschaft Luxemburgs handelt der OGB-L auch bei weitem die meisten Kollektivverträge aus und dies sowohl im Arbeiter- als auch im Angestelltenbereich und in allen Wirtschaftszweigen.    

Der OGB-L mißt der seit 1936 bestehenden Kollektivvertragspolitik auch weiterhin größte Bedeutung zu und prägt sie entscheidend mit.    

Während den letzten Jahren ist es dem OGB-L, trotz der Versuche von Teilen des Patronats Sozialabbau zu betreiben, insgesamt gelungen eine kontinuierliche verantwortungsbewußte Tarifpolitik durchzusetzen und weitere qualitative Verbesserungen durchzusetzen (Ausdehnung der 6. Urlaubswoche, wöchentliche Arbeitszeitverkürzung in einzelnen Betrieben, Einführung und Ausdehnung des Sozialurlaubs, Einbeziehung der beruflichen Weiterbildung in die Kollektivverträge...). Es gilt ebenfalls, die Kollektivvertragspolitik auf die Wirtschaftsbereiche, die noch nicht kollektivvertraglich erfaßt sind, wie bspw. die privaten Hygienedienste, das Gaststätten- und Restaurationsgewerbe oder die Metallkonstruktion auszudehnen.    

Neben einer kontinuierlichen Tarifpolitik wird der OGB-L weiterhin qualitative Akzente in die Kollektivvertragspolitik (Sozialurlaub, berufliche Weiterbildungspläne, Frauenförderungspläne, Technologieabkommen, Arbeitszeitverkürzung in allen Formen...) einbringen und durchsetzen . Die Vertragspolitik wird neben ihrer einkommenspolitischen Rolle ihre Bedeutung als Motor des sozialen Fortschrittes behalten. Wenngleich die Prinzipien, die unserem Kollektivvertragsgesetz zugrunde liegen, auch weiterhin ihre Gültigkeit behalten, so muß das Kollektivvertragsgesetz jedoch an die wirtschaftliche, soziale und rechtliche Entwicklung der letzten 30 Jahre angepaßt werden. Eine Reform des Kollektivvertragsgesetzes drängt sich deshalb auf    

Der OGB-L fordert in diesem Sinne ein neues Kollektivvertragsgesetz, durch das   
-die Bedingungen der "nationalen Repräsentativität" genau definiert werden, um somit Klarheit zu schaffen, welche Gewerkschaft die Vertragsfähigkeit besitzt, und somit rechtskräftig Kollektivver träge abschließen kann,   
-den national repräsentativen Gewerkschaften das Recht zugestanden wird an betrieblichen und sektoriellen Verhandlungen teilzunehmen. In diesem Fall muß das Recht zur Aufstellung der Forderungen, bzw. zur Annahme der ausgehandelten Resultate denen vorbehalten bleiben, die national und sektoriell, bzw. betrieblich repräsentativ sind,    
-keine national repräsentative Gewerkschaft, die minoritär im Betrieb vertreten ist, gegen eine national repräsentative Gewerkschaft, die majoritär im Betrieb vertreten ist, einen Vertrag abschließen kann,   
-die Belegschaftsmitglieder, die von den national repräsentativen Gewerkschaften in die Verhandlungsdelegationen genannt werden, keinen Lohnausfall erleiden, und dies sowohl bei den Vorbereitungen, als auch bei den Verhandlungen eines Kollektivvertrags.    

Des weiteren fordert der OGB-L, daß das nationale Schlichtungsamt endlich eine gesetzliche Basis erhält und den gestellten Anforderungen gerecht wird, vor allem   
-daß beim Anmelden eines Streitfalls die erste Sitzung des Nationalen Schlichtungsamtes in dieser Angelegenheit spätestens innerhalb einer Frist von einem Monat stattfinden muß;   
-daß das Nationale Schlichtungsamt personell verstärkt wird;   
-daß die Anzahl der Mandatsinhaber und Vertreter, die berechtigt sind bei Konflikten an den Arbeiten der paritätischen Kommission teilzunehmen, verdoppelt wird.    

Das Kollektivvertragsgesetz muß ebenfalls obligatorische Verhandlungen über Weiterbildungsmaßnahmen, über Frauenfördermaßnahmen und über Technologieabkommen vorsehen.    

Die Definition des Betriebs muß sich an der wirtschaftlichen Realität und nicht an der juristischen Form orientieren, um zu verhindern, daß vermehrt handelsrechtliche Konstruktionen benutzt werden, um die Kollektivvertragspolitik zu unterlaufen. Die Begriffe Konzern, Unternehmensgruppe, beherrschendes Unternehmen müssen deshalb ihren Eingang in das Kollektivvertragsgesetz finden.    

Als national repräsentative Gewerkschaft, die auch im Bereich der öffentlichen Beamten präsent ist, verlangt der OGB-L an den Gehälterverhandlungen für die öffentlichen Beamten und Angestellten vollwertig teilnehmen zu können. 

EIN SOZIALES KONZEPT FÜR EUROPA 

Zusammen mit der europäischen Gewerkschaftsbewegung setzt der OGB-L sich für ein demokratisches und soziales Europa ein.    

Auf europäischer Ebene gilt es, in einem wirtschaftlich schwierigen Umfeld den bestehenden sozialen Besitzstand zu erhalten. Sozialer Abbau darf nicht durch die augenblickliche wirtschaftliche Lage begründet werden, vielmehr müssen die Sozialleistungen in den einzelnen EU-Staaten kontinuierlich an den höchsten Standard angepaßt werden. Dies und eine größere Solidarität innerhalb der EU sind probate Mittel um soziales Dumping zu verhindern. In diesem Zusammenhang sollen die Harmonisierung des Arbeitsrechts und des Sozialrechts auf dem höchsten Standard prioritär behandelt werden.    

Dabei sollte klar sein, daß bestimmte EU-Staaten einer solchen Harmonisierung aus ihrer wirtschaftlichen und finanziellen Lage heraus nicht ohne weiteres folgen können. Deshalb wäre es unabdingbar, die bereits bestehenden Solidaritätsfonds auf EU-Ebene "Fonds Social Européen" und "Fonds Européen du Développement Régional" zielstrebiger als bisher einzusetzen, um den finanziell und strukturell benachteiligten EU-Partnern bei ihren Harmonisierungsbestrebungen im Sozialbereich zu helfen. Ein Europa "à deux vitesses" im Sozialbereich ist für uns unannehmbar.    

Vorrangiges Ziel der europäischen Politik muß die Wiederherstellung der Vollbeschäftigung sein. Der wirtschaftliche Aufschwung muß deshalb konsolidiert werden und dazu benutzt werden, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Wirtschaftlicher Aufschwung und Wachstum allein werden jedoch nicht genügen, um die strukturelle Arbeitslosigkeit abzubauen. Der OGB-L unterstützt die diesbezüglichen Vorschläge und Forderungen des Europäischen Gewerkschaftsbundes (EGB).    

Die im Weißbuch über die Sozialpolitik in Europa und im Weißbuch über Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung der EU-Kommission enthaltenen Vorschläge und Ideen müssen in den einzelnen Mitgliedsstaaten mit den Sozialpartnern diskutiert werden und, falls erforderlich, in die nationalen Überlegungen mit einbezogen werden. Dies im Respekt der Tarifautonomie und im wohlverstandenen Sinne des Subsidiaritätsprinzips, wie es in den Maastrichter Verträgen festgehalten wurde.    

Der OGB-L bedauert und kritisiert, daß durchaus konsensfähige Überlegungen, wie sie im Weißbuch der EU-Kommission vorzufinden sind, durch die neoliberale Ausrichtung der Politik der Europäischen Wirtschafts- und Finanzminister (ECOFIN) ad absurdum geführt werden.    

Der OGB-L fordert, daß die europäische Direktive über die Einführung europäischer Betriebsräte kurzfristig umgesetzt wird.    

Der OGB-L befürwortet die regionalpolitische Dimension des Maastrichter Vertrags.    

Der OGB-L weist darauf hin, daß der europäische Sozialdialog und die im Maastrichter Vertrag und im Sozialprotokoll vorgesehene Prozedur die Gewerkschaftsbewegung sowohl auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene vor neue Herausforderungen stellt. Die europäische Gewerkschaftsbewegung muß gestärkt werden, gleichzeitig muß aber auch die Präsenz und der Einsatz der luxemburgischen Gewerkschaftsbewegung im EGB verbessert werden. Hierbei kommt der CGT-L eine bedeutende Rolle zu.    

Der OGB-L fordert mit Nachdruck, daß die Luxemburger Regierung und die Europaparlamentarier sich dafür einsetzen, daß die soziale Dimension den gleichen Stellenwert erhält wie die wirtschaftliche und finanzielle. Der OGB-L wird sich über die CGT-Luxemburg im EGB (Europäischer Gewerkschaftsbund) für ein soziales Europa und ein Europa der Vollbeschäftigung einsetzen.

(Verabschiedet vom 3./XXVIII. ordentlichen Kongreß des OGB-L am 3. Dezember 1994)   
OGB·L

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