ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Archiv für Sozialgeschichte
Band XLVII/ 2007 - Zusammenfassungen


Ulrike Lindner *

Die Krise des Wohlfahrtsstaats im Gesundheitssektor
Westdeutschland, Großbritannien und Schweden im Vergleich

Die Reaktion der Gesundheitspolitik auf die weltweite Wirtschaftkrise der 1970er-Jahre, die alle westeuropäischen Staaten erheblich traf, wird mit Blick auf die drei Länder Schweden, Großbritannien und Westdeutschland für die Zeit bis 1990 nachgezeichnet. Der Aufsatz bezieht dabei auch die Phase der sozialstaatlichen Expansion in den zwei Dekaden zuvor in die Untersuchung mit ein. Aus den strukturellen Unterschieden der drei Gesundheitssysteme - vom Kassensystem bis zum staatlichen Gesundheitsdienst - ergaben sich nicht nur divergierende administrative Anforderungen, sondern auch unterschiedlich gelagerte Entscheidungsspielräume in der Gesundheitspolitik. Latente Probleme der Gesundheitssysteme erfuhren durch die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die neue Knappheit eine starke Zuspitzung und wurden nun überall als Krise wahrgenommen. In allen drei Ländern ist als wichtigste Reaktion auf diese Entwicklung ein Paradigmenwechsel auszumachen, der weg von einer Sozialstaatsreform, die als Ausbau von Leistungen definiert war, hin zu einem Verständnis von Reform als Kostenbegrenzung führte. In Großbritannien und Schweden wurden darüber hinaus neoliberale Positionen verfolgt und Teilprivatisierungen als Problemlösung angestrebt; der Einfluss neuer Experten verdrängte teilweise den Einfluss der Ärzteschaft als traditionell wirkungsmächtiger Akteursgruppe. Gleichzeitig kann man in allen drei Gesundheitssystemen starke Beharrungskräfte der einmal eingerichteten Institutionen beobachten, die die Reformen abmilderten oder teilweise verhinderten.


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