ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Archiv für Sozialgeschichte
Band XLVII/ 2007 - Zusammenfassungen


Christiane Kuller

Soziale Sicherung von Frauen - ein ungelöstes Strukturproblem im männlichen Wohlfahrtsstaat
Die Bundesrepublik im europäischen Vergleich

Der Beitrag nimmt zunächst europäische Sozialstaatstypologien in den Blick und stellt Indikatoren für die Geschlechterordnung im Wohlfahrtsstaat vor. In einem zweiten Teil werden Trends und Zäsuren der geschlechterpolitischen Sozialstaatsentwicklung in der Bundesrepublik seit 1945 näher betrachtet, wo die soziale Sicherung für familiäre Pflegearbeit, die geschlechterpolitische Achillesferse von Sozialstaaten, vergleichsweise gering ausgeprägt war. Der deutsche Sozialstaat mit seinem traditionell besonders starken Erwerbsbezug baute die Sicherung familiärer Pflegearbeit unabhängig von einer Erwerbstätigkeit erst seit den 1980er-Jahren aus, obwohl die Debatte darüber schon in den späten 1960er-Jahren eingesetzt hatte. Prägend blieb dabei die Orientierung an der Ehe als Grundlage von Elternschaft. Die sich daraus ergebenden spezifischen Spannungen waren kennzeichnend für die bundesdeutsche Entwicklung und trugen erheblich dazu bei, dass sich das ,,starke Ernährer-Modell" über alle Krisen- und Reformphasen hinweg erhalten hat. Ein dritter Abschnitt diskutiert Erklärungsfaktoren für diese Entwicklung im internationalen Vergleich, unter anderem die Bedeutung institutioneller Strukturen, die Rolle von Frauen in der Politik sowie den Einfluss der spezifischen historischen Erfahrung von Nationalsozialismus und deutscher Teilung. Abschließend werden unterschiedliche Sozialstaatstypen noch einmal zusammenfassend im Hinblick auf die Kategorie Geschlecht gegenübergestellt. In der Rückschau auf die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt sich dabei, dass die Veränderungsprozesse wohlfahrtsstaatlicher Geschlechterregimes kaum in einer integrierten Typologie zu fassen sind; vielmehr verweist der geschlechtersensible Ansatz auf die große Variationsbreite und die Vielfalt der Entwicklungsfaktoren innerhalb der traditionellen Sozialstaatskategorien.


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