ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Archiv für Sozialgeschichte
Band XLVII/ 2007 - Zusammenfassungen


Beatrix Bouvier

Sozialpolitik als Legitimationsfaktor?
Die DDR seit den Siebzigerjahren

Diktaturen wie der NS und auch die DDR haben sich aus legitimatorischen Gründen immer wieder der Sozialpolitik bedient und haben sozialstaatliche Elemente aufgegriffen, ohne sie mit dem für moderne Sozialstaaten charakteristischen Verfassungsstaat, seinen Teilhaberechten und Selbstregulierungsmechanismen zu verbinden. Der Aufsatz zeigt anhand zentraler sozialpolitischer Felder, dass die Sozialpolitik der DDR unbestreitbar positive Effekte hatte, aber nicht das leisten konnte, was sich das Regime von ihr als Legitimierung erhofft hatte. Die Effekte waren widersprüchlich, weil die Sozialpolitik sowohl Anerkennung als auch Proteste hervorrief. Die Legitimationskrise war zugleich eine gesellschaftliche Krise, die einsetzte, als die ökonomische Basis zu bröckeln begann. Die erwartete und erhoffte Loyalität der Bevölkerung musste immer teurer erkauft werden. Die vielfältig bedingten wirtschaftlichen Probleme der DDR mit ihrer zunehmenden ökonomischen Ineffizienz und ihrer hohen Verschuldung ließen merkliche Verbesserungen für den Einzelnen kaum noch zu, weil der Spielraum für die paternalistische soziale Befriedungspolitik schwand. Das trug dazu bei, die Legitimationskraft zu schwächen, weil das Vertrauen in die Problemlösungskompetenz abnahm. Das verschärfte die in den Siebzigerjahren zunächst latente, dann Mitte der Achtzigerjahre offenkundige gesellschaftliche Krise. Für die SED-Führung gab es trotz ihres Machtmonopols Grenzen, die sie unter Zugzwang setzten: die pure Existenz der Bundrepublik als attraktives Gegenmodell, das sie zwang, den mit der Honeckerschen Sozialpolitik eingeschlagenen Weg unter allen Umständen beizubehalten. Auch der 17. Juni hatte gelehrt, dass es der SED von jeher an politischem Rückhalt gefehlt hatte - so etwas sollte sich nie wiederholen.


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