ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Archiv für Sozialgeschichte
Band XLV/ 2005 - Zusammenfassungen


Karl-Joseph Hummel

Der Heilige Stuhl, deutsche und polnische Katholiken 1945-1978.

Die schrittweise Wiederaufnahme bilateraler Kontakte zwischen Deutschen und Polen nach 1945 begann nicht auf der großen diplomatischen Bühne, sondern ist hauptsächlich dem Engagement einzelner Christen zu verdanken. Diese "Avantgarde der Versöhnung" hat den Boden für die politisch-diplomatischen Kontakte der neuen Ostpolitik in den 1970er-Jahren bereitet. Die Beziehungen zwischen den deutschen und den polnischen Katholiken entwickelten sich dabei immer auch in Abhängigkeit von den Vorgaben der vatikanischen "Seelsorgepolitik". Unter den Bedingungen der deutschen Teilung gab es im innerdeutschen Dialog, in den Beziehungen zu Polen und zum Vatikan ständig besonderen Abstimmungsbedarf. Ohne die erst auf dem II. Vatikanischen Konzil intensivierten persönlichen Kontakte der Bischöfe wäre der polnisch-deutsche Briefwechsel 1965 nicht möglich gewesen. Dieser - aus heutiger Sicht - große Schritt nach vorne erweist sich in der Nahsicht der zeitgenössischen Quellen als eine wiederholt vom Scheitern bedrohte, von beiden Seiten nicht ausreichend vorbereitete Initiative, die erst mittelfristig bedeutende Wirkung entfaltete. Scharfsinnige Beobachter wie Otto B. Roegele knüpften an die Beobachtung, dass sich mit der polnischen Bischofskonferenz 1965 erstmals in einem kommunistisch beherrschten Staats- und Parteiapparat ein davon unabhängiger "Sprecher der Nation" zu Wort melden und in das internationale Gespräch einschalten konnte, schon damals große Erwartungen. Von 1965 über die ostpolitischen Vertragskonflikte Anfang der 1970er-Jahre bis zum ersten Besuch polnischer Bischöfe in der Bundesrepublik Deutschland 1978 bestimmten dann die Auseinandersetzungen über die Entspannungspolitik den Gang der Ereignisse. Manchmal war das Ziel nicht umstritten und dennoch konnte es in den 1970er-Jahren zu teilweise heftigen Auseinandersetzungen über den richtigen Weg kommen, wie der Konflikt zwischen den deutschen Katholiken und dem Vatikanischen Staatssekretariat gezeigt hat.


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