ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Archiv für Sozialgeschichte
Band XLIV/ 2004 - Zusammenfassungen


Wolfgang Schroeder,

Gewerkschaften als soziale Bewegung - soziale Bewegung in den Gewerkschaften in den Siebzigerjahren

Rückblickend erscheinen die Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts als das goldene Jahrzehnt der deutschen Gewerkschaften. Kontinuierliche Mitgliederzuwächse, intensive Tarif- und Streikbewegungen, grundlegende sozialpolitische Reformen aufgrund weitreichenden politischen Einflusses illustrieren diese These. Da zwischen 1966 und 1982 mit der SPD die Partei die Regierung prägte, die den deutschen Gewerkschaften am engsten verbunden war, brauchte man sich weniger denn je nur auf die eigene Kraft zu verlassen. Erstmals seit Gründung der Bundesrepublik besaßen sie einen direkten und zudem privilegierten Zugang zur Regierung: Eine Reihe ehemaliger Gewerkschafter agierte in höchsten politischen Ämtern, und durch die Konzertierte Aktion gab es zwischen 1967 und 1977 sogar eine eigene politische Plattform, die den Gewerkschaften in einigen Feldern eine direkte Mitsprache ermöglichte. Viele sprechen deshalb rückblickend auch vom "sozialdemokratisch-gewerkschaftlichen Jahrzehnt". Eine andere Lesart setzt den Akzent darauf, inwieweit es den Gewerkschaften in dieser Phase gelungen ist, angesichts des sich abzeichnenden signifikanten Wandels des Wachstums- und Gesellschaftsmodells die Weichen für eine andere Organisationspolitik zu legen. Aus dieser Sicht sind die Siebzigerjahre als Übergangsjahrzehnt nicht genutzt worden, um die Organisation des Faktors Arbeit auf die neuen Gesichter des Kapitalismus einzustellen. Stattdessen haben insbesondere die sogenannten Fortschrittskräfte in- und außerhalb der Gewerkschaften eher zu einer Konservierung gewerkschaftlicher Leitbilder und Zielorientierungen im industriegesellschaftlichen Kontext beigetragen.


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