ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Archiv für Sozialgeschichte
Band XLIV/ 2004 - Zusammenfassungen


Detlef Siegfried,

"Einstürzende Neubauten". Wohngemeinschaften, Jugendzentren, und private Präferenzen kommunistischer "Kader" als Formen jugendlicher Subkultur

Bei den kulturellen und politischen Aktivitäten der politisch vorwiegend links geprägten jugendlichen Subkulturen der 1970er-Jahre ging es darum, neue Modi der Stilbildung zu finden und eigenständig in die zeitgenössischen Auseinandersetzungen einzugreifen. Dies geschah zu erheblichen Teilen außerhalb des etablierten Spektrums politischer Partizipation, staatlicher Betreuungseinrichtungen oder privater Wohnformen. Dies wird in diesem Beitrag detailliert untersucht anhand von Kommunen und Wohngemeinschaften, die seit 1967 entstanden, und anhand von Jugendzentren, die in den 1970er-Jahren einen neuartigen Rahmen für jugendliche Freizeitgestaltung abgaben. Besonders avancierte, mit hohen Veränderungsansprüchen aufgeladene Experimente sind in den Jahren zwischen 1968 und etwa 1973 zu beobachten, während sich danach eher alltagstaugliche Mischformen herausbildeten. Im letzten Drittel der 1970er-Jahre waren auch die meisten noch verbliebenen radikalen Bewegungen an ein Ende gekommen. Die Akteure dieser Subkulturen artikulierten zugespitzt Bedürfnisse, die im beginnenden Wertewandel der gesamten Gesellschaft Bedeutung erlangten, aber zu ihnen teilweise auch im Widerspruch standen. Während Konzentration auf die Reproduktionssphäre, Loslösung von der kleinfamilialen Lebensweise und das Streben nach individueller Autonomie mit sozialem Struktur- und Wertewandel konform gingen - und ihn ihrerseits vorantrieben -, scheiterten die Versuche, individuelle Entfaltung zugunsten kollektiver Prinzipien zu reglementieren. Dies wurde - wie in diesem Beitrag gezeigt wird - ganz besonders deutlich im Spektrum der kommunistischen Parteien, die sich nach 1968 herausbildeten und sich selbst zum Ziel setzten, ihre antiautoritär geprägte Mitgliedschaft zu disziplinieren. Auch zeigte sich, dass Ansprüche auf flächendeckende Selbstorganisation nur zum Teil zu verwirklichen waren, weil sie nicht von allen Individuen gleichermaßen aufgegriffen wurden.


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