ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Archiv für Sozialgeschichte
Band XLII / 2002 - Zusammenfassungen




Edith Pichler

Pioniere, Arbeitsmigranten, Rebellen, Postmoderne und Mobile: Italiener in Berlin

Die italienische Community-Formierung in Berlin hat verschiedene Phasen erlebt und wurde durch die Zuwanderung unterschiedlicher Migrantentypen geprägt. Die nach Berlin eingewanderten italienischen Migrationsgruppen unterscheiden sich wesentlich von den italienischen Migrantinnen und Migranten in Westdeutschland, die ein homogeneres Bild aufweisen. So ist in Berlin aufgrund der Rekrutierungspolitik der Berliner Industrie die italienische Arbeiterschaft nicht so stark vertreten wie in den westdeutschen Städte. Bei der Entscheidung, nach Berlin zu kommen und dort zu bleiben, spielten mehrere Faktoren eine Rolle. Die politische, kulturelle und gesellschaftliche Situation Berlins war und ist ein Motiv, das die Zuwanderer nach Berlin zog und zieht. Für einige der Zuwanderer war es nicht nur die ökonomische Situation, die sie zur Auswanderung bewog, sondern auch das gesellschaftliche Klima im Herkunftsland, dem sie entfliehen wollten. Diese Charakteristiken haben verschiedene Typen von Migranten angezogen. Anhand von Beobachtungen kann man diese Migrantentypen feststellen: Die Pioniere, die Arbeitsmigranten, die Rebellen, die Postmodernen und die Mobilen. Den "Pionieren" gab Berlin die Möglichkeit, nach dem Krieg und der desolaten Nachkriegssituation in Italien eine neue Existenz für sich und ihre Familien aufzubauen. Den Arbeitsmigranten bot sich die Möglichkeit, durch die Berlin-Zulage mehr zu verdienen als in Westdeutschland. Außerdem war die Stadt politisch interessant, und die Aktivitäten der PCI fanden großen Anklang unter den Berliner Linken und Studenten. Für die "Rebellen" und "Rebellinnen" war die Stadt Zufluchtsort, an dem sie sich befreien und verwirklichen konnten. Die "Postmodernen" stattdessen genießen das Großstadtleben, das "multikulturelle Milieu" und die Möglichkeiten, (inter)kulturell aktiv zu werden. Für die neuen "Mobilen" bietet Berlin die Möglichkeit entweder beruflich aufzusteigen und im Prozeß der Mobilität ihre Position zu verbessern, oder nach Lust und ohne bürokratische Probleme auszusteigen, um wieder mobil zu sein. Diese verschiedenen Migrantentypen haben mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen und Lebensstilen zur Entfaltung vielfältiger Aktivitäten ökonomischen, sozialen und kulturellen Charakters innerhalb der Community und so zu deren Diversifizierung beigetragen.


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