Annegret Schüle "Proletarischer Internationalismus" oder "ökonomischer Vorteil für die DDR"? Mosambikanische, angolanische und vietnamesische Arbeitskräfte im VEB Leipziger Baumwollspinnerei (1980-1989)
Die Fallstudie beleuchtet den Einsatz von ausländischen Arbeitskräften in einem Textilbetrieb der DDR in den 80er Jahre. Sie kann als exemplarisch gelten, weil die Vertragsarbeitskräfte insgesamt zu über 80% aus Vietnam und Schwarzafrika stammten und zu einem Drittel in der Leichtindustrie beschäftigt waren. Vor dem Hintergrund einer sozial- und erfahrungsgeschichtlichen Betrachtung des VEB Leipziger Baumwollspinnerei analysiert der Beitrag die Funktion, die die Menschen aus Mosambik, Angola und Vietnam für die Deutschen erfüllten. Der parteioffizielle Anspruch des "proletarischen Internationalismus" wird mit den Einsatzzielen und -bedingungen für die Ausländerinnen und Ausländer im Betrieb kontrastiert. Anhand von Artikeln der Betriebszeitung, betriebsinternen Berichten und Erinnerungsinterviews mit deutschen Akteurinnen werden die Wahrnehmungsmuster der Deutschen analysiert. Belegt wird ein Verständnis von kultureller Überlegenheit, gepaart mit einem paternalistischen Gestus. Den deutschen Belegschaftsangehörigen wurde so auf Kosten ihrer ausländischen Kolleginnen und Kollegen eine mentale Aufwertung ermöglicht. Gleichberechtigte Akzeptanz und bereichernde Integration der fremden Kultur und Mentalität wurden damit weitgehend verhindert.