ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE
DEKORATION

Archiv für Sozialgeschichte
Band XLII / 2002 - Zusammenfassungen


Barbara Sonnenberger
Gastarbeiter oder Einwanderer? Migrationsprozesse in den Fünfziger- und Sechzigerjahren am Beispiel Südhessen

"Gastarbeit" und "Einwanderung" werden in der historischen Migrationsforschung meist in ein Nacheinander einer "Gastarbeiterperiode" und einer "Einwanderungsperiode" aufgelöst. Dagegen zeigt das Fallbeispiel verschiedener Migrantengruppen in Südhessen, dass die Jahre 1955 bis 1967 kaum einheitlich als "Gastarbeiterperiode" zu charakterisieren sind. Schon bei den italienischen Saisonarbeitskräften in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre lassen sich unterschiedliche Migrationserfahrungen und Reaktionen auf die Arbeitsverhältnisse – beispielsweise Formen des Protests gegen schlechte Arbeitsbedingungen – nachweisen. Mit dem Übergang zur Dauerbeschäftigung von Migranten in der Industrie entstand ein breites Spektrum unterschiedlicher Migrationsmuster. Neben typischen Gastarbeitern kann man Kurzzeitmigranten und potenzielle Einwanderer identifizieren, deren Niederlassung am Familiennachzug und der Ausbildung ethnischer Institutionen abzulesen ist. Das homogenisierende Bild des "Gastarbeiters", aber auch das Oppositionspaar von "Gastarbeit" und "Einwanderung" wird dieser Vielfalt kaum gerecht. Gleichwohl erweist sich das Interpretationsmuster "Gastarbeit" als heuristisch sinnvoll, wenn seine Entstehungsbedingungen und unterschiedlichen Ausformungen mitreflektiert werden.


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©Friedrich Ebert Stiftung | Webmaster | technical support | net edition ARCHIV FÜR SOZIALGESCHICHTE | Oktober 2002