Andrea Schmelz
Die Ost-West-Migration aus der Bundesrepublik in die DDR 1949-1961
Im Zeitraum 1949-1961 war der Umfang der Wanderungsbewegung zwischen dem Westen und dem Osten des geteilten Deutschland tendenziell rückläufig mit Ausnahme der Hochphase in den Jahren 1954-1957. Zugleich waren an der Wanderungsbewegung immer weniger Vertreter qualifizierter Berufe beteiligt. Insgesamt entwickelte sich die Politik der SED gegenüber der West-Ost-Migration von der Staatsgründung bis zum Mauerbau in einem ambivaltenten Spannungsverhältnis von (An-) Werbung und Abschottung. Sie wies zwei Gesichter auf, die sich zwischen Paternalismus (großzügiger Aufnahmepolitik) und "Paranoia" (wachsamem Misstrauen) bewegte. Die Zuzugs- und Rückkehrförderung begann im Jahre 1952/53 als Reaktion auf die Abwanderungskrise in den Westen und kleidete sich in Form einer klassischen Anwerbepolitik. Die Werbemaßnahmen scheiterten vielfach an völlig unrealistischen Erwartungen der politisch Verantwortlichen und am fehlenden Vertrauen in die sozialistische Gesellschaft unter den Adressatengruppen. In der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre setzte daher eine Zuspitzung der deutsch-deutschen Auseinandersetzung eine restriktive Aufnahmepolitik durch. Insbesondere während der Berlin-Krise orientierte sich die Migrationsbürokratie zusehends an den Sicherheitsinteressen des Staates: Es bildete sich in den frühen 1960er-Jahren ein Überwachungsapparat heraus, der West-Ost-Migranten individuell und kollektiv als Gruppe kontrollierte. Die Migrationsbürokratie in der DDR rang vielfach vergeblich darum, dass sich West-Ost-Migranten einlebten und dauerhaft niederließen. Als Reaktion auf die schwierige Ausgangssituation wanderten sehr viele West-Ost-Migranten schon nach kurzer Zeit wieder ab. Nach dem offiziellen Eingliederungskonzeüpt sollten West-Ost-Migranten keine eigene soziale Kategorie bilden. Im gesellschaftlichen Miteinander lösten sie allerdings heftige soziale und politische Spannungen aus, die ihr Randgruppendasein verdeutlichten.